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Die Nixe der Unstrut

  Thuringia. 1843. 325 ff.

Die Unstrutnixe, so erzählte eine alte Frau, ist gar ein gutes und böses Ding. Sie hat lange und triefende Haare, die vom Kopf bis zur Ferse herunter hängen. Ihre Augen sind klein und wässerig, und wenn sie freundlich gesinnt ist, so blinzelt sie mit denselben wunderbar schelmisch. Ihr Antlitz ist schön und einnehmend, doch blass vom Wasser. Ihre ganze Gestalt ist wohlgeformt und regelmässig. Ihr Kleid rauscht wie Seide, ist aber aus Stoffen gewebt, die tief unter den Wellen begraben liegen. Zuweilen steigt sie an das Ufer, aber nur in den Dämmerstunden, und lustwandelt auf und nieder. Sie ist trotz ihrer Einsamkeit im Wasser eitel, denn nicht selten lächelt sie wohlgefällig, wenn der glatte ruhige Spiegel der Fluth ihr Bild treulich zurückstrahlt, und in solchen Augenblicken beglückt sie die Menschen gern mit ihrer Gunst.

Quellen: