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Das Brautpaar im Kyffhäuser

  Gottschalk Ritterburgen und Bergschlösser Deutschlands II, 246 f.
  3. G. Büsching Volksjagen S. 331 ff.

In Tilleda wohnte ein armer, frommer Tagelöhner. Seine Tochter war Braut mit einem eben so armen dürftigen und redlichen Handwerker. Morgen sollte die Hochzeit sein. Die Gäste waren geladen, aber kein Mensch hatte daran gedacht, dass im ganzen Hause nur ein Topf, eine Schüssel und zwei Teller waren. „ Was machen wir?“ sprachen alle, sahen verlegen sich an und Niemand wusste Rath. Endlich sagte der Vater halb im Scherz, halb im Ernst: „ei, geht auf den Kyffhäuser, vielleicht leihet die Prinzessin uns alles.“

Das Brautpaar geht wirklich hin. Vor der Oeffnung des Berges steht die Prinzessin und schüchtern und ängstlich bringen sie ihr Anliegen Die Prinzessin lächelt, befiehlt ihnen zu folgen und Braut und Bräutigam sind ausser sich vor Freude. Sie bekommen nun zuerst zu essen, dann packt ihnen die Prinzessin selbst einen grossen Tischkorb voll Teller, Schüsseln, Löffel u. s. w. auf. Beide bedanken sich schönstens, versprechen morgen alles unversehrt zurück zu geben, auch etwas Reisbrei und Hochzeitkuchen mit zu bringen.

Sie eilen nun nach Tilleda zurück zu kommen, so schwer ihnen auch der zugedeckte Tischkorb war. Aber wie wurde ihnen zu Muthe, als sie ein ganz anderes Dorf vor sich sahen! An der Stelle, wo ihres Vaters Häuschen stehen sollte, stand ein grosszer Ackerhof, kein Nachbarhaus war ihnen mehr kenntlich, kein Baum, kein Garten war mehr da, wo sie solche sonst gesehen hatten. Lauter fremde, unbekannte Menschen in ganz anderer Tracht umstanden das Brautpaar und betrachteten dasselbe eben so verwundert, wie dieses verwundert um sich blickte. Da kam auch der Prediger herbei. Die Braut ging auf ihn zu, klagte, dass sie wie verrathen und verkauft unter den fremden Leuten stehe, und erzählt, dass sie gestern mit ihrem Bräutigam auf den Kyffhäuser gegangen sei und sich einiges Geschirr zu ihrer Hochzeit von der Prinzessin geholt habe. Der Pfarrer nahm das Brautpaar mit in sein Haus, schlug das Kirchenbuch nach und fand dass beide gerade zweihundert Jahre in dem Kyffhäuser gewesen waren.

Quellen: