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Der Fluch

  Thuringia. 1842. S. 782.

In der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts brach in Sangerhausen eine Hungersnoth aus, die viele Bewohner ins Grab brachte. Zu dieser Zeit lebte dort eine reiche Frau, welche ausser ihrem Wohnhause in der Ulrichsstrasse noch mehrere andere Häuser in der Stadt besass, aber sehr geizig war. In seiner grössten Noth kam zu ihr ein armer Mann und bat um ein Stückchen Brod für sich und die Seinigen. Sie schmähte ihn zuerst und verwiess ihn dann auf die Disteln des Feldes, die für solches Bettelvolk gut genug zur Speise wären. Da wünschte der arme Mann in seinem Schmerze, dass Gott sie mit Dissteln strafen und ihren Reichthum vergehen lassen möchte. Alsbald entstand ein distelähnlicher Auswuchs in ihrem Gesichte, sie erblindete und starb später unter unsäglichen Schmerzen. Ihr Reichthum zerstob und verflog, wie Spreu in dem Winde, und ihre Nachkommen leben in Armuth.

Quellen: