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Das besprochene Feuer

  Thuringia. 1842. S. 793 f.

Nahe beim Riestädter Thore in Sangerhausen wendet sich von der Ulrichsstrasse ab eine Gasse nach dem alten Markte und nach dem alten Schlosse hin. Sie heisst der Speckswinkel. Nur wenige Wohnhäuser stehen darin, an dem Schlossze drei, auf der entgegengesetzten Seite unterandern ein einzeln stehendes, zwar bewohntes aber von der Zeit geschwärztes und benagtes Haus.

Sangerhausen erstreckte sich einst bis zum sogenannten Brandraine, der eine Viertelstunde vor der Stadt die Strasse nach Eisleben durchschneidet. Vor einigen hundert Jahren legte nämlich eine furchtbare Feuersbrunst den ganzen obern Stadttheil von dem Brandraine an bis zum Hause des Bürgermeisters Kaiser auf dem Kornmarkte in Asche. In der Gegend jenes Häuschens wüthete das Feuer am schrecklichsten.

Ringsum war fast alles niedergebrannt oder brannte noch und eben wollte das Feuer auch dieses Häuschen erfassen. Da sprengte ein Reiter auf einem weissen Rossze herbei und umritt das Haus, Flammen und Dampf nicht achtend, dabei murmelte er gewissze Sprüche und beschrieb allerlei Zeichen. Das Häuschen war gerettet, es blieb allein stehen, während alle andern rings umher von den Flammen verzehrt in Schutt und Graus darnieder lagen. Der Reiter war aber wieder verschwunden.

Vor nicht gar langer Zeit, sagt man, sei noch ein Balken zu sehen gewesen, der schon gebrannt hatte.

Quellen: