<<< zurück | Sagen aus Thüringen - Orts- und Volkssagen | weiter >>>

Die lachende Braut und der weinende Bräutigam

  Lepsius kl. Schriften I, 254.

Im Dom zu Naumburg findet man zwei Personen ausgehauen, von welchen die eine weint, die andere aber lacht. Das sollen zwei Verlobte sein. Der Bräutigam war mit fröhlichem Muthe in fremde Länder verreiset und hatte sich durch kein Bitten, Warnen und Flehen seiner Braut davon abhalten lassen. Inzwischen begab sich die herzlich betrübte Braut ins Kloster, liess den Dom bauen und verlachte hernachmals den wiederkommenden herzlich betrübten Bräutigam mit gleicher Beständigkeit.

Eine geschriebene naumburgische Chronik erzählt die Sache folgendermassen. Eine Braut habe, als ihr Bräutigam in der Fremde gewesen, unterdessen ihre Güter und auch von des Bräutigams Gütern, die sie in Verwaltung gehabt, zur Aufrichtung des Doms hergegeben und sich selbst als eine geistliche Braut Christi dem Nonnenstande gewidmet. Als nun der Bräutigam wieder heimkam und der Braut zusprach, warum sie das gethan habe, hat sie gelacht und gesagt, sie sei nun nicht mehr seine Braut, sondern Gottes Braut; und obwohl sie von seinem Gute etwas Gott zu Ehren angewendet habe, so möchte er sich das nicht misfallen lassen“, es sei zu seiner Seligkeit geschehen, auch hätte sie ihm noch so viel übrig gelassen, dass er sich seinem Stande gemäss halten könnte. Da hat es der junge Mann geschehen lassen auch selbst noch mehr dazu gethan, damit der Bau des Doms vollführt würde.

Quellen: