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Das gezüchtigte Waldweibchen

  Börner Volkssagen S. 227 f.

Ein Bauer aus Bucha brachte sein Heu in Haufen. Aus dem Buchenholze, das über der Wiese gelegen war, sprang ein junges, munteres Waldweibchen hervor, warf sich auf die Heuschober und zerstörte in seiner Ausgelassenheit des Bauern mühvolle Arbeit. Er bat das Weibchen solche Streiche zu unterlassen, aber das muthwillige Ding hörte nicht darauf und erwiederte mit Lachen die Drohungen, die jener zuletzt aussprach. Da ging aber dem Manne die Geduld zu Ende und er gab mit seinem Rechenstiele dem kleinen Wildfang einige empfindliche Schläge. Laut auf schrie das geschlagene Waldweibchen und aus dem Holze hervor sprang sein Männchen und rief zornig:

„schau! schau!
Bauer du, was hast du vor mit meiner Frau?“

Der Bauer deutete auf den angerichteten Schaden und erzählte ruhig den Hergang der Sache, wie oft er das muthwillige Weibchen abgemahnt und wie fruchtlos jede Vorstellung geblieben sei; da habe er sich zuletzt nicht anders helfen können. Nach kurzem Bedenken fasste das Waldmännchen sein Weibchen bei der Hand sprechend:

„wie du gethan,
nimm hin deinen Lohn!
Hätt' er dich umsonst geschl’an ,
wär's um ihn geschehn,“

gab ihm auch noch Verweisse über seine Unart und führte es in den Wald zurück.

Quellen: