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Der erschrockene Wichtel

  Thuringia. 1843. 76

Eine Bauersfrau aus Gössitz war eben daran auf ihrer Holzwiese im Schlingengrunde den letzten Heuschober auszubreiten, als sie zu ihrem Schrecken auf dem Schober ein ganz kleines, graues Männchen sitzen sah, nicht grösser als eine aufrecht sizende Katze, mit dem Rücken ihr zugewandt. Was da anfangen? Fertig wollte die Frau gern mit der Arbeit werden und doch getraute sie sich nicht den Kleinen anzureden und herunter gehen zu heissen. Gedrängt von der Zeit macht sie sich ans Werk, schleicht von hinten heran und zupft mit dem Rechen etwas Heu von dem Schober ab. Der Wichtel merkte nichts davon. Die Frau zupfte wieder und immer wieder Heu, so gut es gehen will, unten weg von dem Schober, bis er endlich zusammenbricht. Laut auf kreischte im Fallen das Männchen und rang mühsam aus dem Heu, das es bedeckt hatte, sich hervor. Aus dem Schwarzholze aber kam ein ganzer Haufe seines Gelichters heraus und fragte mit drohender Geberde:

„sag an, sag an,
Eckele, hat es dir was gethan?“

Der Wichtel aber schaute verwundert immer nur den eingestürzten Haufen an, schüttelte den Kopf und sprach:

„ei! ei!
das Ding fiel nur so ein,
ich purzelte hinterdrein,
da möchte Eins nicht schrein.
Ei, ei,
das ist mir lieb,
dass ich nicht drunter stecken blieb.“

Dann lief er, was er nur laufen konnte, ohne auf die Bauersfrau zu achten, mit seinen Kameraden in den Wald hinein.

Quellen: