<<< zurück | Sagen aus Thüringen - Orts- und Volkssagen | weiter >>>

Die goldene Wiege des Waldkindes

  Börner Volkssagen S. 131

Eine Bauersfrau aus Wilhelmsdorf war auf den Hungersberg gegangen Holz zu lesen und durch das Wimmern eines kleinen Kindes tiefer in den Wald gelockt worden, als sie sonst zu gehen pflegte. Da sieht sie in einer runden Baumrinde ein schreiendes Kindlein liegen und mitleidig, sie hat ja selbst daheim einen Säugling, setzt sie sich nieder, nimmt das Waldkind auf und reicht ihm ihre Brust. Während das Kind aber trinkt, kommt die Waldfrau, die Mutter des Kindes, zurück, staunt und spricht :

„Bauernblut,
du bist gut!
Mach ich's quitt ;
reuen soll dich heut kein Tritt.
Gib geschwind
mir mein Kind
und zum Danke nimm die schöne Wiege mit.“

Bei diesen Worten reichte sie der Bauersfrau die Baumrinde, worin das Kind gelegen hatte. Diese sprach: „ es ist nur, dass ich euch den Willen thue, ich habe ja schon genug zu tragen, “ nahm ihre Bürde auf und brach sich von der Baumrinde ein kleines Stückchen ab, warf es über die Achsel auf das gesammelte Reisig und ging zufrieden ihres Wegs nach Hause. Am andern Morgen findet sie in ihrem Reisig einen hellglänzenden Goldsplitter; es war das abgebrochene Stück von der Wiege, welche das Waldweibchen ihr dankbar hatte geben wollen.

Quellen: