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Der Liebhaber zum Essen eingeladen

    Prätorius, Weihnachtsfragen prop. 53 .

  Grimm deutsche Sagen I, Nr. 115. S. 172 .

In Saalfeld war eine Schösserin, die sich heimlich in ihren Schreiber verliebt hatte. Sie wollte ihn durch Zauberei gewinnen, liess deshalb ein frisches Brod backen, steckte mitten in der heiligen Christnacht kreuzweise zwei Messer hinein und murmelte dazu gewisse Worte. Bald darauf kam der Schreiber aus dem Schlafe ganz ohne alle Kleidung zur Stube hereingesprungen, setzte sich am Tisch nieder und sah die Frau scharf an. Sie stand auf und lief davon. Da zog der Schreiber beide Messer aus dem Brode, warf sie ihr nach und hätte sie bald sehr verlegt. Darauf ging er wieder zurück. Eine Muhme war in der Stube zugegen und über diesen Vorgang so heftig erschrocken, dass sie etliche Wochen krank zu Bette liegen musste. Der Schreiber hat am folgenden Tage zu den Hausgenossen gesagt, er möchte nur wissen, welche Frau ihn vergangene Nacht so geängstigt habe, er wäre so abgemattet, dass er es kaum sagen könne, denn er hätte sollen mit ihr fortkommen und sich nicht genug wehren können; auch hätte er beten mögen, was er nur gewollt, so wäre er doch getrieben worden.

Dieselbe alte Frau, die diese Geschichte erzählt hat, fügte noch folgendes hinzu. Auch zu Koburg, sagte sie, hat es sich begeben, dass einige Edeljungfrauen aus neunerlei Essen etwas aufgehoben, um Mitternacht auf den Tisch gestellt und sich dazu gesetzt haben. Darauf sind ihre Liebsten alle gekommen, jeder mit einem Messer, und wollten sich zu ihnen an den Tisch setzen, aber die Jungfrauen flohen erschrocken davon. Einer davon nahm ein Messer und warf es einem Mädchen hinterher. Dasselbe Mädchen schaute um, blickte den, der geworfen hatte, an und hub das Messer auf.

Ein andermal soll aber statt des eingeladenen Liebhabers der leibhaftige Tod in die Stube gekommen sein und sein Stundenglas bei einem Mädchen niedergesezt haben, das denn auch das Jahr über gestorben ist.

Quellen: