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Das wilde Heer

  Ph. v. Waldenfels select. antiq. p. 376.
  Prätorius Weihnachtsfratzen prop. 55.
  Grimm deutsche Sagen I, 7.
  Mündlich.

In der Gegend von Arnstadt, Ilmenau und Königsee lässt sich in der Frau Hollen Nacht das wilde Heer sehen und man hört deutlich das Gebell der Hunde und das Hussa der Jäger. Ein Mann setzte eine Flasche mit Bier hin als er den Spuk sah, und die Jäger tranken daraus. In dieser Flasche war ein grosser Segen; sie wurde nie wieder leer. Ein Anderer rief die Jäger an, sie möchten ihm ein Viertel Fleisch bescheren. Am andern Morgen hing wirklich ein Viertel Fleisch vor der Thür und so oft er es auch wegtrug, jedesmal am Morgen hing es wieder da.

Von der Frau Holla und dem wüthenden Heere, dem der treue Eckart vorangeht, hat man in Thüringen noch folgende bekannte Sage.

Nicht weit von der Stadt Suhl am südlichen Abhange des Thüringer Waldes liegt neben Benshausen ein Ort Namens Schwarza. Dort geschah es, dass Frau Holla auf Weihnachten vorüberzog mit dem wüthenden Heere. Vorn in dem Haufen ging der treue Eckart und warnte die Leute aus dem Wege zu gehen, damit ihnen kein Leid widerfahre. Diesem Zuge haben ein paar Knaben desselben Dorfes zugesehen, welche aus der Schenke Bier geholt hatten, das sie nach Hause tragen wollten. Weil aber der Gespensterzug die ganze breite Strasse einnahm, wichen sie mit ihren Kannen abseits in eine Ecke und wollten sich verstecken, einige Weiber aber aus dem Haufen eilten ihnen nach, nahmen die Kannen und tranken daraus. Die Knaben liessen es ruhig geschehen und schwiegen aus Furcht ganz stille, obwohl sie nicht wussten, was sie thun oder verwenden sollten, wenn sie nach Hause kämen und kein Bier mitbrächten. Da tritt zu ihnen der treue Eckart und spricht: „das rieth euch Gott, dass ihr kein Wörtchen gesprochen habt, sonst wären euch die Hälse umgedreht worden. Nehmt eure Kannen und geht flugs nach Hause und saget von dieser Geschichte keinem Menschen etwas, so werden eure Kannen immer voll sein und wird ihnen niemals an Bier gebrechen.„

Das thaten die Knaben und ihre Kannen waren voll Bier und wurden nicht leer, wie oft man auch davon trank. Drei Tage haben sie das Wort in Acht genommen und es ist ihnen ergangen, wie jener Wittwe mit ihrem Oelkrug; als sie aber nicht länger schweigen konnten und die Sache aus Vorwitz ihren Eltern erzählten, stunden alsbald die Kannen leer da und alles Bier war versiegt.

Andere sagen, es sei dieses nicht eben zu Weihnachten geschehen, sondern auf eine andere Zeit.

Quellen: