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Vom Querlichloch bei Königsee

  Thüringen u. der Harz VII, 239.

Bei Königsee in der obern Herrschaft des Fürstenthums Schwarzburg-Rudolstadt ist das Querlichloch, eine Höhle an welche sich allerlei Sagen knüpfen, die noch jetzt im Volke nicht verklungen sind. Vor uralten Zeiten hausten in diesem Loche Querliche, die grosse Schätze an Gold und Silber bewahrten.

Die Querliche waren sehr klein, nicht viel grösser als einen Daumen hoch; sie trieben allerlei unheimliche Stücke in den Berghöhlen; namentlich aber gruben sie nach Gold und Silber auf dem Gebörn und im Lommel. Die gefundenen Schätze aber häuften sie im Querlichloche auf, und bewachten sie. Sie hatten die Gewohnheit barfuss und ohne Kopfbedeckung herumzulaufen, dabei waren sie launenhaft, sehr reizbar, doch auch wieder dienstfertig und halfen, wenn man es mit ihnen gut meinte, dem Hausherrn und seinem Gesinde überall, namentlich bei der Fütterung des Viehes. Wer sie reizte oder erinnerte, dass sie keine Mützen oder Schuhe hätten, dem thaten sie manchen Schabernack an.

Einmal wohnte eine Pächterin in Garsit, eine alte, gute, verständige Frau, die es auch mit den Querlichen, welche sie im Winter öfters besuchten, ganz gut meinte. Nach dem Abendessen gingen die Querliche in den Stall und fütterten die Schafe, wodurch Knechte und Mägde aller Arbeit überhoben wurden. Die Futtervorräthe, sie mochten noch so gering sein, nahmen niemals ab, und in Missernten konnte sie immer noch verkaufen. Deshalb wurde auch die alte Pächterin von Jahre zu Jahre reicher.

Endlich dachte die Pächterin, dass sie sich gegen die guten Querliche dankbar bezeigen, und weil es denselben an Schuhen und Pelzmüşen gebreche, solche kaufen und ihnen schenken müsse. Gedacht, gethan. Sie kaufte beides und legte Mützen und Schuhe den kleinen Zwerglein im Stalle hin zum Geschenke. Als die Querliche diese Gaben bei der nächsten Fütterung bemerkten, so verdross es sie dermassen, dass sie von Stund an davongingen und nicht wiederkamen. Die Pächterin musste nun mit ihrem Gesinde die Schafe selbst füttern.

Auch waren einmal die Querliche in Pennewitz auf einer Hochzeit erschienen, wo es recht lustig herging. Man neckte aber diese Gezwerge und sie nahmen es sehr übel und wurden darüber böse. Als nun eine grosse Schüssel auf den Tisch gebracht wurde, so sprangen sie auf den Schüsselrand, tanzten darauf herum und versalzten die Brühe. Die alte Pächterin von Garsiss erzählte, sie habe als Kind folgendes von ihrer Urgrossmutter gehört.

Ein Soldat, Namens Rauch, habe im Lommel, dem fruchtbarsten Flurstück bei Königsee, Soldaten aus Häckerling gemacht; sowie er solchen ausgestreut, gleich wären Soldaten, oder vielmehr Querliche aus ihren unterirdischen Gängen und Löchern hervorgekommen.

Es ging einmal eine Magd von Garsiz in den Wald um Holz zu holen. Der Weg führte sie an dem Querlichloche vorbei. Als sie hineinsah , erblickte sie einen goldenen Tisch, und auf demselben viele goldene und silberne Geräthe, auch eine goldene Schüssel mit Perlen. Neben dem Tische stand ein goldener Stuhl, auf dem ein schlafender Querlich sass. Ein grosser schwarzer Hund mit feurigen Augen und aufgesperrtem Rachen wachte dabei. Das Mädchen erschrack zwar sehr, allein sie besann sich, fasste Muth und ging hinein, nahm schnell goldene Messer und Gabeln vom Tische und sprang eiligst davon. Wie sie nun so reich geworden war, hat sie auch bald einen schönen Mann bekommen.

Eine Gans, die sich zufällig in das Querlichloch verirrt hatte und darin herumgelaufen war, ist drei Tage hernach auf dem Singerberg ganz vergoldet wieder herausgekommen.

Quellen: