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Allerlei Spuk und Bauber im Singerberge

  Bechstein im Erfurter Gedenkbuch S. 146 und 148.

Gar Mancher, der zur Nachtzeit oder in der Dämmerung am Singerberge vorbei und an ihm hin nach Königsee, Paulinzelle oder nach Singen und Gösselborn ging, ist irre geführt und geschreckt worden, bald durch ein voranflackerndes Licht, bald durch Gestalten oder durch Rufe und Töne. Auf dem Wege von Hammerfeld nach Griessheim erscheint ein schwarzer Bär mit feurigen Augen und wälzt sich dem nächtlichen Wanderer in den Weg. Doch nur dem Bösen ist er gefährlich, wer reines Herzens ist und auf Berufswegen geht, dem kann er nichts anhaben. Zu gewissen Zeiten hört man grauenhaftes Rumoren der Geister und derer, die in den Berg gebannt sind, gleich als wenn wilde Gelage darin gehalten würden. Dazu erschallt Hörnerklang, Peitschenknall und lautes Halloh weithin in die Thäler.

Einst fuhr zur Zeit der zwölf Nächte eine Marktfrau am frühen Morgen aus Hammerfeld nach Königsee. Es war noch dunkel, als sie am Singerberge hinfuhr, und der Weg war schlecht. Jetzt nahte aus der Ferne ein Licht und die Frau war froh, dass ihr werde geleuchtet werden; sie grüsste den Lichtträger, als er näher herankam, mit einem freundlichen guten Morgen. Der Lichtträger flackert aber am Wagen vorbei, seine Augen sind feurig und diese sinds, die so leuchten. Kaum ist die grausige Gestalt vorüber, so sitzt der Wagen fest und die Pferde stehen wie angewurzelt. Die Frau spricht in ihrer Herzensangst alle Gebete, die sie weiss, aber erst beim Anbruch des hellen Morgens ziehen die Pferde den Wagen weiter ohne alle Anstrengung.

Die Leute in jener Gegend erzählen auch, wer in der Christnacht zum Singerberge aufschaue, sehe droben zwei grosse und helle Lichter brennen, welche die verwünschte Prinzessin zu Ehren der heiligen Nacht anzünde; wer aber hinaufsteige, finde die Kerzen niemals, auch nicht die Stelle, wo sie brennen. Am Berge sollen zauberkräftige Kräuter wachsen. Ruthen in der Mitternachtsstunde droben geschnitten zähmen das Vieh und gewöhnen es schnell zum Gehorsam; Stampfel in Butterfässern, deren Holz in den zwölf Nächten auf dem Berge geschlagen wurde, mehren die Butter. Vielen ist aber der Versuch, solches Holz in der genannten Zeit zu holen, sehr übel bekommen.

Quellen: