<<< zurück | Sagen aus Thüringen - Orts- und Volkssagen | weiter >>>

Musikanten bringen der Prinzessin eine Nachtmusik

  L. Storch a. a. D. S. 52 ff.

Musikanten aus dem Dorfe Thal hatten in Farnroda zum Tanze bei einer Hochzeit oder bei einer andern Gelegenheit aufgespielt und gingen wieder nach Hause. Es hatte aber die Mitternachtsstunde geschlagen, als sie sich auf den Heimweg begaben. Sie waren lustig und guter Dinge und führten auf dem einsamen, spärlich vom Mond erhellten Wege allerlei kurzweilige Gespräche. Zeit und Ort brachte die Rede auch auf die Prinzessin in Wittgenstein. Ein toller junger Bursche sagte, als sie gerade dem Felsen gegenüber waren: „wisst ihr was, wir wollen der armen Prinzessin auch eine anständige Nachtmusik bringen!„ Die Andern stimmten zu und so gingen sie guten Muths gerade hinüber nach dem Steine. Unter demselben angelangt stimmten sie nicht lange erst ihre Instrumente, sondern der Meister flüsterte den Andern ganz leise zu, was für ein Stück gespielt werden sollte, und so fingen sie denn mit einem Schlag an und das schöne Stück hallte prächtig am Felsen wieder und klang schier schauerlich durch die stille Nacht. Einer hat nachher gestanden, dass es ihm ganz seltsam dabei geworden sei.

Als das erste Tonstück geblasen war, tritt plötzlich ein altes Männchen mit einem langen grauen Bart und in einem sonderbar zugeschnittenen Kittel auf sie zu - keiner wusste, woher der Alte so schnell gekommen war - und fragte, wem die Nachtmusik gelten sollte. „Der Prinzessin im Wittgenstein,“ versetzte der Bursche, welcher den Gedanken zur Nachtmusik zuerst ausgesprochen hatte. „Nun gut, spielt nur lustig auf,“ sprach das Männlein und war wieder verschwunden. Die Spielleute thaten, wie ihnen befohlen war, und als sie dann ihre Instrumente zusammenpackten und gehen wollten, kam das Männlein nochmals und reichte jedem einen frischen Eichenzweig. Die Musikanten lachten darüber und gingen. Einige spielten mit ihrem Zweige, zerrupften und zerzupften ihn, andere trugen sich wohl eine Strecke Wegs damit, liessen ihn aber bald fallen und konnten oder wollten ihn nicht wieder finden. Nur einer steckte ihn sorgfältig auf seinen Hut. Er hatte dessen aber auch vergessen und erschrak nicht wenig, als seine Frau ihn am andern Morgen fragte, was er denn für einen gelben Flitter auf dem Hute mit von Farnroda gebracht habe. Als er das Ding näher besah, war der Zweig zu glänzendem Gold geworden. Sobald die andern das hörten, liefen sie sofort auf dem Wege zurück, um ihre Zweige zu suchen, aber ihr Suchen war vergeblich.

Quellen: