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Der Hautsee bei Dönges

  Grimm deutsche Sagen I, 72.
  Mündlich.

Bei dem Dorfe Dönges zwischen Marksuhl und Vach liegt an der Landstrasse ein kleiner See mit einer schwimmenden Insel, die gleich einer Haut auf dem Wasser liegt und sich bald nach dieser, bald nach einer andern Seite hin bewegt. Darum hat er den Namen Hautsee erhalten; auch soll er an einem gewissen Tage im Jahre ganz blutroth werden. Davon geht noch heute unter den Leuten der Umgegend folgende Sage.

In Dönges war einmal Kirmes und dazu kamen auch zwei ganz unbekannte, aber sehr schöne Jungfrauen, die mit den Dorfburschen tanzten. Des Nachts zwölf Uhr waren sie plötzlich verschwunden, obwohl der Tanz noch nicht zu Ende war. Am andern Tage waren sie wieder da und tanzten mit, die Burschen aber, welche nicht wollten, dass die Jungfrauen diesmal so bald wieder weggehen sollten, versteckten einer von ihnen während des Tanzes die Handschuhe. Als nun die Mitternacht herankam, wollten sie fort und die eine lief überall ängstlich umher und suchte ihre Handschuhe. Während des Suchens schlug es zwölf Uhr, da liefen beide Jungfrauen in grosser Angst und Eile davon gerade nach dem See hin und stürzten sich hinein. Am folgenden Tage war der See blutroth und so geschieht es noch jedesmal an demselben Tage des Jahres. Die zurückgebliebenen Handschuhe waren mit Perlen und allerlei kostbaren Steinen besetzt.

Man erzählt auch, dass in einer Nacht zwei Reiter vor das Haus einer Kinderfrau kamen, sie weckten und mitgehen hiessen. Als sie sich weigerte, brauchten sie Gewalt, banden sie aufs Pferd und jagten mit ihr fort zum Dönges- See, wo sie ihrer Königin in Kindesnöthen Beistand leisten sollte. Sie sah viel wundersame Dinge, grosse Schätze und Reichthümer, musste aber schwören, keinem Menschen etwas davon zu sagen. Nachdem sie einen ganzen Tag unten geblieben war, ward sie reichlich beschenkt in der Nacht wieder heraufgebracht. Nach vielen Jahren erkrankte sie und konnte nicht sterben, bis sie dem Pfarrer alles entdeckt hatte.„

Quellen: