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Wie Landgraf Konrad ein deutscher Ordensritter geworden ist

  Petri de Duisburg chronicon Prussiae p. 120. 

Der Landgraf Konrad von Thüringen ist als ein Bruder in den deutschen Orden eingetreten, und das, sagt man, sei also gekommen. Der Landgraf hatte sich zu einer Zeit, dem Geräusch und Gewühl der Welt zu entgehen, mit den Rittern Hartmann von Heldrungen und Dietrich von Gruningen und einigen anderen Hofleuten in die Einsamkeit auf sein Schloss Tenneberg begeben. Da kommt zu ihm eine feile Dirne. Der Landgraf frug: „woher kommst du ?“ und sie antwortet: „ich habe den ganzen Tag am Wege gesessen in der Nässe und Kälte.“ Der Landgraf sprach: „du Elende, du erträgst und leidest mehr für die Strafen der Hölle als ein Anderer für die ewigen Freuden des Himmels.“ „Herr, “spricht die Dirne, „ich weiss nicht anders mir meinen Unterhalt zu verschaffen und zu erwerben. “Würdest du keusch und ehrbar leben wollen, wenn du zum Leben das Nöthige hättest?“ fragt der Landgraf weiter, und jene versichert mit Schluchzen und Thränen: „ja Herr, das würde ich gewiss thun.“ Darauf bestimmte ihr der Landgraf ein sicheres Einkommen, wovon sie leben und sich erhalten sollte. Der Landgraf hatte aber bei sich alle Worte des Tadels bewahrt, den er gegen die Dirne ausgesprochen hatte, auch bedachte und überlegte er, dass ihm selbst solcher Tadel und Vorwurf nöthiger gewesen wäre, als jener, denn diese hätte aus Noth und Armuth gesündigt, er aber habe in Ueberfluss und Reichthum lebend thörichter Weise durch seine Sünden Gottes Zorn gegen sich hervorgerufen. Mit solchen Betrachtungen brachte er die ganze Nacht schlaflos hin. Als er aber am andern Morgen vernahm, dass die beiden Ritter Hartmann und Dietrich gleiche Betrachtung gehabt hätten, ging er mit denselben im Büssergewand zur Kapelle des heil. Nicolaus in Gladbach, dort Gottes Rath zu hören über diese Sache. In einer göttlichen Eingebung ward ihm dort auferlegt, dass er in den Orden des deutschen Hauses treten und seine Regel annehmen sollte. Darauf löste er nach seiner Rückkehr alsbald sein Verlöbniss mit der Tochter des Herzogs von Oesterreich wieder auf, erzählte seinen geheimen Räthen das, was geschehen war, und ermahnte sie aus Ehrfurcht und Demuth gegen Gott Brüder desselben Ordens zu werden, und alle traten zu ihm durch feine Bitten bewogen.

Als nun der Landgraf nach Marburg kam und mit den Rittern, die ihm dahin gefolgt waren, in den Orden eingekleidet werden sollte und der Priester vor dem Altar mit lauter Stimme zu fingen anhub: Alleluja, veni sancte spiritus, da kam auf den Landgrafen der heilige Geist in Gestalt eines Feuers herab, allen Umstehenden sichtbar, und dadurch    gelangte er zu einer grossen und besondern Heiligkeit, dass er der Menschen geheime Thaten wusste und keinen unzüchtigen Mann in seiner Nähe haben wollte.

Quellen: