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Die heil. Elisabeth und der Ausfähige

  Leben des heil. Ludwig S. 35 f.
  Annales Reinh. p. 177 sq.
  

Da der Landgraf Ludwig sah, dass seine liebe Elisabeth all ihr Denken und Sinnen Gott dem Herrn zugewendet hatte, mochte er sie darin nicht stören und hindern, sondern in rechter Liebe fördern und gab ihr volle Macht und Freiheit alles zu thun, was Gott wohlgefällig war und seinem Lobe und seiner Ehre diente. Aber seiner Mutter, der Landgräfin Sophia, war die grosse Demuth und Gottesfurcht ihrer Schwiegertochter gar missfällig und sie sprach oft gegen ihren Verkehr mit den armen, kranken und geringen Leuten.

Der Landgraf verweilte einmal auf der Neuenburg mit seiner Mutter und seiner lieben Wirthin, der heiligen Elisabeth. Nun hatte dieselbe eines Tages einen armen aussässigen Menschen gewaschen, gebadet und in das Bette ihres Herrn gelegt. Das ward ihre Schwiegermutter gewahr und sie nahm ihren Sohn, den Landgrafen Ludwig, bei der Hand und sprach: geht mit mir lieber Sohn und sehet, wie Elisabeth mit kranken und unsaubern Leuten euer Bett beflecket, davon ihr grossen Schaden an euerm Leben nehmen könnt.“ Als nun der milde Fürst über das Bette kam, da öffnete ihm Gott der Herr die inwendigen Augen, dass er ein Kreuz und die Marter unsers Herrn in dem Bette liegen sah. Dieses göttliche Wunder betrachtete er mit grosser Andacht und sprach: „Elisabeth, meine liebe Schwester, solche Gäste magst du mir oft in mein Bette legen, das ist mir wohl zu Danke.“ Und er erkannte, dass alles Gute, was man in Gottes Liebe armen kranken Leuten thut, Christus, unserm Herrn, selber gethan wird. Solche grosse Freude hatte er, als er das Kreuz erblickte. Seine Mutter aber überkam ein Grauen, als sie die Jammergestalt des Ausfähigen nicht mehr sah.

Quellen: