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Elisabeth kommt als vierjährige Braut auf die Wartburg

  Annales Reinh. p. 121
  Leben des heil. Ludwig S. 13 ff.
  Gereimtes Leben der heil. Elisabeth in Graff's Diutiska I, 354-363

Als man schrieb nach Christi Geburt 1211 Jahre und das edle, Hochgeborne Mägdlein Elisabeth vier Jahre alt war, da sandte der Landgraf Hermann eine edle und würdige Botschaft aus in das Land nach Ungarn, zu bringen des Königs Tochter Elisabeth in das Thüringer Land, seinem Sohne zum künftigen Ehegemahl. Bei dieser Botschaft waren Graf Meinhart von Mühlberg und der ehrbare Herr Walther von Vargila und Frau Bertha, die Wittwe des Ritters Egilolf von Bendeleben. Die zogen dahin mit grossem Gefolge und in herrlicher Ausrüstung, wie es solcher werthen Botschaft und so vornehmen Leuten wohl ziemet. Unterwegs ward ihnen überall grosse Höflichkeit und Ehre erwiesen von Fürsten und Herrn, Edlen und Prälaten, durch deren Land sie zogen, auf der Hinfahrt und auf der Rückfahrt. So kamen sie nach Presburg, wo sie in dem königlichen Schlosse empfangen wurden.

Der edle König von Ungarn, Andreas, der heiligen Elisabeth Vater, war ein gütiger, friedsamer Herr. Seine Wirthin, die Königin, war tugendsam und bei weiblicher Zucht hatte sie gar einen männlichen, freudigen Muth, dass sie ausrichtete und regierte alle Geschäfte des Königreichs. Darum war sie besorgt, wie sie ihre Tochter reich und königlich versenden möchte in das Land zu Thüringen. Als sie nun alle Dinge geschickt und besorgt hatte zu der Heimfahrt und die Boten auch reichlich mit Silber, mit Gold und köstlichen Kleinoden begabt hatte, da übergab sie ihnen ihre Tochter, die liebe heilige Elisabeth, in einer silbernen Wiege mit festlichen, seidenen Tüchern. Auch sandte sie zugleich mit unzählig viel goldene und silberne Trinkgefässe, werthvolle Heftel, Kränze und Kronen, viel Schmuck an Ringen und Spangen, mit Edelsteinen reich besezt, viel Paare Buntwerk und Gewänder von schwerer und leichter Seide und goldgesticktem Tuche, und reiches Bettgewand von Purpur und Seiden mit anderem edlen und theuern Hausrathe, den Niemand zählen mag. Dazu noch besonders tausend Mark an feinem Silber und eine silberne Badewanne, darin das Mägdlein baden sollte.

Solch grosser und reicher Schatz und so feine Kleinode, als die Königin ihrer Tochter mitgab, sind im Thüringer Lande nicht mehr gesehen worden. Und die Königin rühmte es laut und mit stolzer Freude, dass ihr Kind Elisabeth dem edlen jungen Fürsten von Thüringen, dem Landgrafen Ludwig, zum Ehegemahl werden sollte. „Saget eurem Herrn,“ sprach sie beim Abschied zu den Boten „dass er sich wohl gehabe und guten Muthes sei und diese kleinen Gaben nicht verschmähen möge; läßet Gott mich leben, so will ich dieselben noch um vieles reichlich bessern. Das sage ich euch in Wahrheit.“

So schieden sie von dannen und kamen mit der Königstochter nach Thüringen. Sie waren viel willkommen und wurden wohl empfangen. Da ward das kleine Jungfräulein dem jungen Fürsten in Kindes Weise zugelegt, eine Bedeutung der zukünftigen Hochzeit, wenn dazu die Zeit gekommen wäre. Und Elisabeth ward in ihrer Jugend mit grossem Fleisse erzogen, wie das wohl billig war.

Quellen: