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Der eiserne Landgraf

  Historia de Landgraviis Thur. ap. Eccard. p. 378.
  Rothe during. Chron. S. 290.
  Nicolai de Siegen chron. ecclesiast. ed. Wegele. p. 329.
  Bange thür. Chron. Bl. 60 b.

Landgraf Ludwig, der eiserne genannt, war in seiner Jugend ein milder und gütiger Herr, demüthig und nachsichtig gegen Jedermann. Wegen dieser Milde wurden seine Junker und Edelleute hochmüthig und stolz, vergassen seine Güte und Nachsicht, schmäheten ihn, nannten ihn einen Thoren, der zur Regierung nicht tauge, und achteten seine Gebote nicht hoch. Auch beschwerten sie seine Unterthanen an allen Enden, schatten und drückten sie sehr und thaten ihnen grossen Verdruss. Es trug sich aber einmal zu, dass der Landgraf zur Jagd ausritt auf den Wald und ein Wild antraf, dem folgte er eifrig nach, verirrte sich und ward benächtiget. Da gewahrte er eines Feuers, richtete sich darnach und kam in die Ruhl zu einem Waldschmiede. Der Landgraf war mit schlechten Kleidern angethan und hatte ein Jagdhorn umhängen. Der Schmied fragte, wer er wäre. „Des Landgrafen Jäger,“ war die Antwort. Da sprach der Schmied: „pfui des Landgrafen! Wer ihn nennet, sollte allemal das Maul wischen, des barmherzigen Herrn!“ Der Landgraf schwieg. „Ich will dich herbergen,“ sprach zuletzt der Schmied „dort in dem Schuppen findest du Heu, da magst du dich mit deinem Pferde behelfen ; aber um deines Herrn willen will ich dich nicht beherbergen.“

Der Schmied arbeitete die ganze Nacht hindurch. Wenn er mit dem grossen Hammer das Eisen zusammenschlug, so schalt er seinen Herrn den Landgrafen und hiess ihn hart werden wie das Eisen und sprach: „nun werde hart du böser, unseliger Herr! Was sollst du den armen Leuten leben? Siehst du nicht, wie deine Räthe die Leute plagen und mähren dir im Munde?“ Und er erzählte die ganze lange Nacht, was die Beamten des Landgrafen für Untugend mit den armen Unterthanen übten. Wenn dann die Unterthanen klagten, so wäre Niemand da, der ihnen Hilfe thäte, denn der Herr nehme es nicht an, die Ritterschaft spotte seiner hinterwärts, hiessen ihn Landgraf Metz und hielten ihn gar unwerth.

Also hiess der Schmied den Herrn mit Fluchen und Schelten hart werden wie das Eisen und trieb solches die ganze Nacht an. Der Landgraf konnte nicht schlafen, hörte alles gar wohl, nahm es zu Herzen und ward von Stund an scharf und ernsthaft in seinem Gemüth. Auch fing er an die Widerspenstigen zu zwingen und zum Gehorsam zu bringen.

Das wollten nun etliche Ritter und Beamten nicht leiden, sondern verbanden sich unter einander und gedachten sich gegen ihren Herrn zu wehren. Als daher der Landgraf einen seiner Ritter, der sich wider ihn verbrochen hatte, überzog und strafen wollte, versammelten sich die andern und wollten solches nicht leiden. Da kam es zu einem Streit mit ihnen bei der Naumburg an der Saale und der Landgraf bezwang und fing sie und führte sie mit sich auf seine Burg. Da strafte er sie zuerst nach Nothdurft und Gebühr mit harten Worten, dass sie den Eid, welchen sie geschworen und gelobet, so schlecht und böslich gehalten hätten, und unter andern sprach er zu ihnen: „nun wollte ich zwar eure Untreue wohl belohnen, wenn ich's aber thäte, spräche man vielleicht, ich tödtete meine eigenen Diener; sollte ich euch aber schassen, so spräche man auch übel von mir, und liesse ich euch los und ungestraft von mir kommen, so achtet ihr meines Zornes ferner nicht.“

Und der Landgraf führte sie zu Felde, fand dort auf einem Acker einen Pflug, spannte in denselben die ungehorsamen Edelleute je vier in ihren Hemden und ackerte mit ihnen eine Furche, während die Diener den Pflug hielten und er selber mit einer Geisel auf die vorgespannten Edelleute hieb und sie antrieb, dass sie sich beugten und oft auf die Erde fielen. So pflügte er den ganzen Acker mit je vieren eine Furche. Darnach liess er den Acker mit grossen Steinen bezeichnen zu einem ewigen Gedächtniss und freiete ihn, so dass ein jeder Uebelthäter, wie gross er auch wäre, wenn er darauf käme, daselbst sollte frei sein. Wer die Freiheit brechen würde, der sollte den Hals verloren haben, und den Acker nannte er den Edelacker. Die gedemüthigten Ritter führte er wieder mit sich auf die Naumburg, wo sie ihm aufs neue schwören und huldigen mussten.

Der Landgraf wurde nun im ganzen Lande sehr gefürchtet und wo die, welche am Pfluge gezogen hatten, seinen Namen nennen hörten, seufzten sie und schämten sich sehr.

Diese Geschichte erschall an allen Enden im deutschen Lande. Etliche schalten den Herrn und wurden ihm gram; Manche tadelten die Untreue der Beamten, Andere meinten sie wollten sich eher tödten lassen, als in den Pflug spannen; Einige demüthigten sich auch gegen ihren Herrn, denen that er Gutes und hatte sie lieb, Andere dagegen wollten ihren Schimpf gar nicht vergessen, sondern stunden ihm heimlich und öffentlich nach Leib und Leben. Wenn er solche mit Wahrheit hinterkam, liess er sie henken, enthaupten, ertränken und in den Stöcken sterben. Darum gewann er viele heimliche Neider und Feinde unter ihren Kindern und Freunden und ging deshalb mit seinen Dienern stets in einem eisernen Panzer. Darum hiess man ihn den eisernen Landgrafen.

Von einem strengen, unbiegsamen Manne pflegte man seitdem noch lange im Sprichwort zu sagen: „Der ist hart geworden zu Ruhla in der Landgrafenschmiede.“

Quellen: