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Das Kloster Reinhardsbrunn

  Annall. Reinhardsbrunn. p. 14 sqq
  Joh. Rothe dür. Chron. S. 270-273

Gottes Gnade und Barmherzigkeit, der alle Menschen will selig haben und Niemanden gern lassen verderben, rührte das Herz der Frau Adelheid und durch diese wiederum das Herz ihres Herrn und Ehegemahls, dass sie gedachten an ihrer Seelen Seligkeit und ihr Leben zu bessern begehrten.

Am stillen Freitage bat Frau Adelheid den Grafen Ludwig, dass er mit ihr essen möchte. Als nun beide mit einander zu Tische sassen, liess sie viele Gerichte auftragen von allerlei Fleisch, zahmen und wilden, gesotten und gebraten. Da das der Graf sah, erschrack er und fragte, was das zu bedeuten habe, da ja solche Speisen zu geniessen unziemlich sei an dem Tage, an welchem unser Schöpfer und Erlöser für das Heil des Menschengeschlechts gelitten hätte am Holze des Kreuzes. Ist es uns nun unziemlich,“ sprach Frau Adelheid, „diese Speisen zu geniessen, wie vielmehr ist es thöricht und unziemlich, dass wir in den Fesseln des ewigen Todes gehen und Gottes grosse Barmherzigkeit nicht sehen und unsere Sünden, die gewachsen sind bis in den Himmel, in Reue und Leid nicht tilgen ?“

Der Graf Ludwig schlug bei diesen Worten das Haupt nieder, ging in sich und begann sehr zu weinen. Er gelobte Gott sein Leben zu bessern und gedachte seine Sünden mit Almosen und frommen Werken zu büssen. Und als er seines Hauses Angelegenheiten wohl geordnet, seine Söhne und Töchter verheirathet hatte, liess er seinen besondern guten Freund, den frommen und gerechten Herand, der ein Mönch in Hylsenburg, nachher ein Bischof in Halberstadt war, zu sich kommen und den Abt Gyselbert, bekannte diesen aufrichtig seinen Willen und seine Gedanken, begehrte ihren Rath und versprach in allen Dingen treuen Gehorsam. Diese Männer, welche die Reue seines Herzens wohl erkannten, gaben den guten und verständigen Rath, dass er ein Kloster in unserer lieben Frauen und St. Johannes des Evangelisten Ehre bauen und sich selbst der Welt begeben und ein Mönch in dem Kloster werden möchte.

Diesem Rathe willfahrte der Graf Ludwig und suchte von dieser Zeit an eine bequeme Stätte, ein Kloster dahin zu bauen. Nun wohnte nahe bei dem Schlosse Schauenburg in dem Walde ein Töpfer, der hiess Reinher, bei einem grossen tiefen Borne, der stark ausfloss. Dieser sah alle Nächte zwei schöne Kerzen nicht fern von seinem Hause brennen. Das verwunderte ihn sehr und wenn er dann zu den Kerzen kam, so fand er nichts an der Stelle. Dieses Wunder zeigte er auch den anderen Leuten, die in dem Walde wohnten, und bald erfuhr es auch der Graf Ludwig ; der ritt hin zu dem Töpfer Reinher und fragte ihn selbst darum. Als er von diesem die Wahrheit gehört und das Wunder selbst geschaut hatte, gedachte er an sein Gelübde, und dass Gott durch Offenbarung der Lichter die Stelle selbst erwählt hätte und ein Kloster dahin haben wollte.

Alsbald liess er die Stätte räumen, die Bäume abhauen, hörte den Rath seines guten Freundes, des Bischofs Herand von Halberstadt, den er zu sich berief, und bauete an die Stätte ein Kloster, das er Reinhersborn nannte nach dem Borne, der dort floss, und dem Töpfer, der dabei wohnte. Da wo das eine Licht gebrannt hatte, lag das Kloster mit dem Münster, und wo das andere, eine Kapelle der heiligen Jungfrau.

Quellen: