Herminefred findet den Tisch nur halb gedeckt

  Gregor. Turon. histor. Franc. III, 4.

Ueber die Thüringer herrschten drei Brüder: Baderich, Herminefred und Berthar. Herminefred bezwang seinen Bruder Berthar und tödtete ihn. Es hatte aber Herminefred eine Nichte Theoderichs, des Königs der Franken, Amalberga, zur Gemahlin, eine grausame und herrschsüchtige Frau. Diese erregte unter den beiden Brüdern einen neuen Krieg. Denn als Herminefred eines Tages zum Mahle kam, fand er den Tisch nur halb gedeckt und da er frug, was das zu bedeuten hätte, erhielt er zur Antwort: „wer nur das halbe Reich sein nennt, darf auch den Tisch nur halb gedeckt haben. “Durch solche und andere Reden aufgereizt erhob sich Herminefred auch gegen den zweiten Bruder Baderich und liess durch Boten den König Theoderich zur Theilnahme an diesem Kampfe und zum Bündniss mit ihm einladen. „Wenn du ihn tödtest,“ so liess er ihm sagen „wollen wir sein Reich unter uns theilen.“ Theoderich war über diese Meldung sehr erfreut und kam mit seinem Heere zu Herminefred und zog mit ihm in den Kampf. Baderich und sein Heer unterlagen, er selbst verlor das Leben. Nach diesem Siege zog Theoderich wieder in sein Reich, Herminefred aber vergass sein Versprechen und dachte nicht daran dasselbe zu erfüllen.

Quellen:

• Dr. August Witzschel: Sagen aus Thüringen. Meersburg und Leipzig 1930