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Kampf der Thüringer mit den Sachsen

  Widukind annall. 1, 3-7 .
  Ekkehard chron. univ. p. 176.

Als die Thüringer noch in dem Lande Hadeln wohnten, kamen dahin auch die Sachsen auf ihren Schiffen, wollten dort landen und wohnen. Den Thüringern war aber ihre Ankunft zuwider und sie erhoben die Waffen gegen die Sachsen, um sie zur Rückkehr zu zwingen, aber jene leisteten Widerstand und behaupteten den Hafen. Als man nun lange gegen einander gekämpft hatte und auf beiden Seiten viele gefallen waren, kam man überein, Frieden zu machen und einen Vertrag zu schliessen. Den Sachsen sollte gestattet sein Lebensmittel zu kaufen und zu verkaufen, des Landes aber sollten sie sich enthalten, auch nicht rauben und plündern. Diesen Vertrag wollten die Sachsen halten und der Friede bestand unverletzt viele Tage. Als den Sachsen aber das Geld ausging und sie nichts mehr kaufen und verkaufen konnten, erschien ihnen der Friede nutzlos und drückend und sie hätten sich desselben gern wieder entledigt.

Da geschah es, dass ein Sachse mit vielem Golde beladen und mit güldenen Ketten und Spangen geschmückt ans Land ging. Ihm begegnete ein Thüringer und frug: „wozu eine solche Menge Goldes um deinen abgezehrten Leib?“ „Ich suche einen Käufer,“ sprach jener; „nur in dieser Absicht trage ich dieses Gold mit mir. Denn wie kann ich mich am Golde erfreuen, da ich vor Hunger verschmachte?“ Der Thüringer frug nach dem Preise. „Der Preis kümmert mich nicht,“ antwortete der Sachse „ich mache keine Schwierigkeit und nehme gern, was du mir geben wirst. “Darüber lachte der Thüringer und höhnend sprach er: „nun so will ich dir dein Kleid mit Erde füllen;“ es lag nämlich an jener Stelle ein großer Erdhaufen aufgeschüttet. Der Sachse öffnete alsbald sein Gewand, empfing für sein Gold die Erde und beide gingen froh des Handels zu den Ihrigen zurück. Die Thüringer lobten ihren Landsmann und priesen ihn glücklich, dass er den Sachsen so fein angeführt und so leicht einen so grossen Reichthum erworben habe.

Als nun der Sachse seines Goldes ledig aber schwer mit Erde beladen zu den Schiffen kam, fragten ihn verwundert seine Genossen, was er treibe, und als sie die Erde sahen und von dem Handel hörten, verlachten ihn seine Freunde, andere aber schüttelten den Kopf, alle aber waren bei sich einig, dass er unverständig gehandelt habe und nicht wohl bei Sinnen sei. Er aber hieß sie schweigen und sprach: „folget mir und ihr werdet bald sehen, wie nützlich euch meine Thorheit ist.“ Als sie ihm nun nachfolgten, wiewohl zweifelhaft und ungläubig, nahm er die Erde und streute sie so dünn als möglich über die benachbarten Felder und gewann einen grossen Raum zu einem Lagerplatz, den die Sachsen auch sogleich in Besitz nehmen und befestigen.

Als die Thüringer das Lager der Sachsen sahen, schickten sie Gesandte und klagten über Friedensbruch, die Sachsen aber entgegneten: „den Vertrag haben wir jederzeit unverbrüchlich gehalten, das Land aber, das wir mit unserm Gold erworben haben, gedenken wir in Frieden zu behalten oder mit den Waffen zu vertheidigen.“ Nun verwünschten die Einwohner das sächsische Gold und den sie kürzlich gelobt und gepriesen hatten, hielten sie für ihres Unheils Urheber. Zornentbrannt und in blinder Wuth stürmten sie ohne Ordnung und Plan gegen das Lager der Sachsen, aber diese empfingen sie wohl vorbereitet mit den Waffen, kämpften tapfer und behaupteten durch das Glück und Recht des Krieges das umliegende Land. Als man auf beiden Seiten lange und heftig gestritten hatte, unterlagen die Thüringer und waren genöthigt, wegen des Friedens Gesandte zu den Sachsen zu schicken. Es wurde verabredet, dass beide Völker an einem bestimmten Orte zusammenkommen sollten, jedoch ohne Wehr und Waffen, um sich wegen des Friedens zu besprechen.

Die Sachsen gebrauchten damals lange Messer, wie sie auch die Angeln zu führen pflegen. Mit dieser Waffe unter ihren Röcken verborgen zogen sie aus dem Lager und trafen mit den Thüringern zusammen. Sie sahen, dass ihre Feinde unbewaffnet und alle Häuptlinge derselben zugegen waren; sogleich fielen sie über die arglosen und unbewehrten Thüringer her und stiessen alle nieder, dass nicht einer davon kam. So bemächtigten sich die Sachsen der Gegend und erhielten einen Namen und waren der Schrecken für alle umwohnenden Völker.

Andere erzählen auch, dass die Sachsen von der That ihren Volksnamen erhalten haben. Denn ein langes Messer hiess bei ihnen Sahs und von dieser That und Bewaffnung, sagt man, sind sie nachher Sachsen genannt worden.

Quellen: