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Die hohen Bäume auf dem Brauhausberge

Von welcher Seite man sich auch Potsdam naht, so sind es zuerst die hohen, dunklen Kiefern, welche sich auf dem Gipfel des Brauhausberges über die helleren Laubbäume und das Gebüsch an ihren Füßen erheben, die verkünden, daß man sich der freundlichen Oase nähert, welche sich grün und blühend längs den Ufern der blauen Havel erstreckt. Mit diesen Bäumen soll es ein eigenes Bewandniß haben:

Ein vornehmer, noch lebender Mann, der es gut meint mit der Stadt, ist einmal in einer dunklen Neujahrs-Mitternacht von einer Reise über Nedlitz her zu Hause gekommen. Es war kalt und stürmisch; unter den Buchen im Schragen aber ist es ihm ganz still und wie unheimlich gewesen. Auf dem Kreuzwege in dem Wäldchen hat er dann sonderbare Stimmen gehört, konnte aber Niemand sehen, weil es so sehr finster war; auch verstehen konnte er sie nicht. Sie klangen so fremd und leise und doch so hohl. Wie er nun näher hinzutrat, vernahm er, daß eine Stimme sagte: „So lange noch dreizehn von den alten hohen Kiefern auf dem Brauhausberge stehen, wird die Stadt kein Unglück treffen, dann aber …“

In dem Augenblick hat es zwölf geschlagen, dann wunderlich um ihn her gerauscht und gehuscht, und der Ostwind hat die Zweige der alten Buchen geschüttelt, so dass der Reif hörbar auf die starren welken Blätter am Boden herabgefallen ist.

Quelle: Karl v. Reinhard, Sagen und Mährchen aus Potsdams Vorzeit, Potsdam 1841, Verlag der Stuhrschen Buchhandlung