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Pumphut (Krawc)

Martin Pumphut wurde in Spohla unweit von Hoyerswerda geboren. Als kleines Kind verschwand er einst aus der Wiege, und an seiner Statt lag eine Schlange darin. Als die erschreckten Eltern in der ganzen Umgebung suchten, fanden sie ihn nirgends. Bei ihrer Rückkehr lag der Knabe gesund und munter wieder in seiner Wiege.

Er wuchs auf, sprach gut sorbisch und deutsch und hatte immer Streiche im Sinn. Manche Leute wollten gesehen haben, daß ihn im Schlaf merkwürdige Gestalten umspielten, und wenn er nachts irgendwohin ging, umtanzten ihn Flämmchen.

Als er erwachsen war, erlernte er das Müllerhandwerk und wanderte im Lande umher von Mühle zu Mühle. Wo es ihm gefiel, da blieb er, und für eine gute Herberge erzählte er den Leuten allerhand Späße und Scherze. Wo er aber Not leiden mußte, dort zahlte er den Leuten mit allerlei Streichen heim.

So kam er einst auch ins Vogtland und machte in der Burkhardsmühle halt. Hier hatten sich alle Müller der Umgebung mit ihren Frauen und Töchtern eingefunden. Sie feierten ein fröhliches Fest mit Geigen und Dudelsack, und die Müllerin hatte schon manche geleerte Flasche hinausgetragen. „Hei, da wirst du etwas Ordentliches zu essen bekommen; das ist etwas für dich, dachte Pumphut, trat ohne zu bitten in die Stube und setzte sich in einen Winkel. Ein Müllerbursche, der auftrug, meinte, daß der Fremde ein Geselle sei, der Arbeit sucht, bot ihm ein Stück trockenes Brot und ein Glas schlechten Schnaps an und sagte: „Hier, eßt und trinkt und tut euch etwas zugute!„ Pumphut aber ärgerte sich, daß man ihn mit solch einem Almosen abspeisen wollte, und schwor sich, es dem Müller heimzuzahlen.

Bald brach er auf. Als er schon in der Tür stand, fragte er den Burschen, aus welchem Anlaß man hier eigentlich feiere. „Das Mühlrad soll gehoben werden“ ward ihm zur Antwort. Pumphut ging zu dem neuen Mühlrad, schlug mit seinem spitzen Hütchen daran und zog schmunzelnd von dannen. Nachdem sich die Müller satt gegessen hatten, wollten sie das Rad einsetzen, das genau abgemessen und berechnet worden war. Aber was war denn das? Die Welle war plötzlich eine halbe Elle zu kurz! Sie probierten es von neuem. Nichts zu machen! Sie maßen noch einmal nach: wirklich zu kurz! Vorher hatte es aber doch gestimmt! Schließlich kam dem Müller die Erleuchtung. Er besann sich auf den Wanderburschen. „Das hat uns sicherlich Pumphut eingebrockt.„ Ja, nun waren alle davon überzeugt, daß der Wanderer niemand anders als Pumphut, der Zauberer, gewesen sein konnte. „Lauft ihm nach, lauft ihm nach!“ riefen alle. Und es dauerte nicht lange, da fanden sie ihn. Er saß am Bach und wartete; denn er hatte gewußt, was geschehen würde. Er ließ sich zunächst zum Essen bitten und aß sich ordentlich satt.

Dann begann der Müller, ihm seine Not zu klagen, und fragte ob sich dem wohl abhelfen ließe. „Da soll doch der Teufel dreinfahren, Kerl! Schenk' mir noch einmal ein!„ sagte Pumphut und ging dann mit hinaus. Er sah sich zuerst mit pfiffigem Gesicht die zu kurze Welle an, klopfte dann hinten und vorn mit seinem Spitzhut dagegen und - sieh da! - als man das Rad von neuem in seine Lage hob, hatte alles sein rechtes Maß wie vorher. Von nun an wurde Pumphut, sooft er kam, vom Müller mit Brot und Butter und gutem Schnaps bewirtet.

Einst angelte Pumphut in einem See. Das war aber verboten, und die Bauern wollten ihn deshalb fangen. Aber Pumphut lief übers Wasser, als ob er auf der festen Erde liefe, und angelte auf der anderen Seite des Sees weiter. Da holten die Bauern ihren besten Schützen; der sollte Pumphut erschießen. Als der Schuß fiel, hob Pumphut sein Bein, und die Kugel flog darunter hinweg. Da dachten die Bauern „Wir müssen silberne Kugeln nehmen, die werden ihn schon treffen.“ Aber Pumphut fing die silbernen Kugeln mit seinem Hut auf und rief den Bauer zu: „Schießt nur weiter! Solchen Kram kann ich gut gebrauchen!“

Ein andermal saß ein Bauer mit seiner Familie beim Mittagessen. Eine Unmenge Fliegen umschwirrten den Tisch, da klopfte es, und Pumphut stand in der Tür. Der Bauer hieß ihn willkommen und lud ihn ein mitzuessen. Das ließ sich Pumphut nicht zweimal sagen. Die Bauersfrau legte ihm einen großen Kartoffelkloß auf den Teller. Doch als Pumphut den Kloß zerschneiden wollte, war der plötzlich so hart, daß das Messer abrutschte und der Kloß wie eine Kanonenkugel durch die Stube sauste. Ja, er durchschlug sogar die Tür, flog bis in den Stall und blieb auf dem Horn eines Ochsen stecken. Die Leute vergaßen vor Staunen das Essen. Pumphut aber ließ sich, als sei nichts geschehen, einen Kloß nach dem anderen gut schmecken. Nur die Fliegen belästigten ihn immerzu, schwirrten ihm ins Gesicht und fielen sogar in den Teller.

Das ärgerte ihn, und er bat den Bauern, doch die verflixten Biester aus der Stube zu jagen. „Was hilft das? Sie sind ja doch gleich wieder da“, entgegnete der Mann. „Nun, dann sag ihnen doch, sie sollen uns wenigstens beim Essen in Ruhe lassen und solange auf einer bestimmten Stelle bleiben!„ Alle lachten natürlich über diese Worte; denn wie sollte man wohl Fliegen zusammenhalten! Der Bauer sagte: „Ich kann das nicht. Mach du das doch mal vor, Pumphut, bist ja ein Zauberer!“ Pumphut grinste, legte seinen Spitzhut aufs Fensterbrett und befahl den Fliegen, sich da hineinzusetzen. Und wirklich, plötzlich erhoben sich alle Fliegen und schwirrten wie ein Schwarm Bienen nach dem Hut, krochen zu einem dicken Klumpen zusammen, und weil es gar so viele waren, fielen einige noch über die Hutkrempe aufs Fensterbrett. Nun konnten alle in Ruhe essen. Nach der Mahlzeit bedankte sich Pumphut, nahm seinen Hut mitsamt den Fliegen und zog weiter seines Weges. Vor der Tür sah er die sauberen Milchtöpfe der Bauersfrau stehen und schwupp! schüttete er schmunzelnd all die Fliegen in einen der Töpfe.

Ja, Pumphut war ein Mordskerl! Wenn er Lust hatte, fuhr er mit einem Kahn aus Papier über die Elbe, die Saale oder die Mulde. Ein andermal ritt er auf einem Heupferd durch die Luft oder zerschnitt einem Müller das Mühlrad in zwei Teile. Bei Dresden wieder ließ er einmal, obwohl kein Lüftchen wehte, alle Windmühlen sich drehen, indem er durch ein Nasenloch blies.

Einmal aber erging es ihm beinahe übel. Er hatte mit dem sächsischen General Sybilski Bekanntschaft gemacht, und der konnte auch mehr als Brot essen. Sybilski warf schwarze Haferkörner in die Ofenpfanne. Sie verwandelten sich sofort in Soldaten und sammelten sich auf dem Schloßhof. Dort marschierten und übten sie und kehrten dann in die Ofenpfanne zurück. Pumphut gefiel das Spiel. Er nahm einige Körnchen aus einem Getreidesack, warf sie ebenfalls in die Pfanne und sieh da! bewaffnete Reiter kamen daraus hervor. Pumphut aber kannte das Wort nicht, mit dem er sie wieder in den Ofen zurückwünschen konnte. Schon begannen sie, ihm mit ihren Säbeln den Buckel zu kitzeln. Zum Glück kam Sybilski noch rechtzeitig hinzu und jagte die Kerle wieder in die Ofenpfanne zurück.

Wo ist Pumphut geblieben? Niemand weiß es. Zuletzt hat man ihn in Paderborn gesehen. Dort hat er sein spitzes Hütchen zurückgelassen und ist verschwunden. Das war vor ungefähr zweihundert Jahren.

Quelle: Erich Krawc, „Sagen der Lausitz“, Domowina Verlag 1962;