<<< zurück | Sagen der Lausitz | weiter >>>

Ein glückbringender Traum

Bautzen, die türmereiche Stadt am steilen Spreeufer, hatte einst Not, ihre Bürger mit dem nötigen Trinkwasser zu versorgen.

Da bekam ein Baumeister - es soll ein Mönch gewesen sein - den Auftrag, eine Wasserkunst zu bauen. Das war ein Schöpfwerk mit großen, hölzernen Rädern, welches das Wasser aus der Spree in Röhren den Hang hinaufdrückte bis in die obere Stadt. Das Werk war fertig gebaut, in einem hölzernen Turm fein säuberlich geschützt. Der Tag der Einweihung war gekommen. Die Bürger, in feierlicher Erwartung, wollten das erste Wasser aus den Röhren rinnen sehen - aber kein Tropfen perlte heraus. Da wurden sie böse wegen des vielen Geldes, das nun nutzlos vertan erschien und sperrte den Baumeister in eine vergitterte Gefängniszelle, damit der Scharfrichter ihn mit dem Tode bestrafte.

In dunkler Nacht aber, als alles schlief, entkam der Mönch aus dem ekligen Verlies und eilte durch die stillen Gassen hinaus aus der Stadt, dem schützenden Wald auf den Bergen im Süden auf die Stadt zu. Dort angelangt, schlief er todmüde ein. Da hatte er einen wundersamen Traum. Er sah sein Werk, die Wasserkunst mit all ihren Rädern und Röhren, sah, wie das Wasser ganz richtig gehoben und in die Röhren gedrückt wurde. Aber auf einmal konnte es nicht weiter - ein Frosch war in das Rohr geraten und hinderte das Wasser am weiteren Steigen.

Er wachte auf, rieb sich die Augen und beschloß, in die Stadt zurückzukehren. Die Ratsherren gewährten ihm die Bitte, sein Werk noch einmal überprüfen zu dürfen, und siehe da: Genau an der Stelle, wo er im Traum den Frosch gesehen hatte, stockte das Wasser. Als das Tier entfernt war, ging alles seinen rechten Lauf, die Bautzener bekamen frisches Wasser in die Stadt, und der Mönch dankte es seinem Traum, daß er frei wurde und ein angesehener Mann blieb.

Quelle: Erich Krawc, „Sagen der Lausitz“, Domowina Verlag 1962;