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Der Miltitzer Frosch

Bei Miltitz in der Nähe der Gemeindesträucher wohnte einst der Wassermann in einem tiefen Teich. Er kam oft ins Dorf. Die Leute fürchteten sich nicht vor ihm, weil er ihnen oft aus der Not half. Viele Jahre währte schon die Einigkeit und Freundschaft.

Nun wohnte im Dorf ein reicher Bauer, der ein rechter Trinker war. Weil er im Dorfgasthaus keine Freunde fand, ging er immer nach Nebelschütz. Dort hockte er oft den ganzen Abend. Dann mußte er nachts auf einem gefährlichen Fußweg nach Hause trotten. Weil er sehr furchtsam war, bat er immer jemanden, mit ihm zu gehen. Einmal fand sich kein Begleiter, und so mußte sich der Bauer allein auf den Weg machen. Als er zu den Saratschen kam, bemerkte er plötzlich, daß da jemand lag. Erschrocken fragte er: »Wer ist da?“ - „Ich“ antwortete eine bekannte Stimme; es war der Wassermann. »Wo warst du denn so lange, daß du so spät erst nach Hause willst?„ fragte der Bauer. „Ich habe mich beim Fischen verspätet“, gab der Wassermann zur Antwort. Darauf der Bauer: „Das trifft sich gut, da können wir miteinander gehen. Über die kleine Brücke ist es recht gefährlich. Ich nehme mir sonst immer einen Begleiter und gebe ihm dann zwei Dreier. Aber heute abend fand sich niemand.«

Da sagte der Wassermann: »Gib mir auch zwei Dreier, und ich hole dich immer von Nebelschütz ab.« Damit war der Bauer zufrieden, und mehrere Jahre lang schaffte ihn der Wassermann jedesmal bis nach Miltitz. Aber der Bauer trank immer mehr, und sein Geld wurde immer weniger. Es langte manchmal kaum zum Bier, und er blieb dem Wassermann die Dreier schuldig. Das geschah einmal, zweimal, immer häufiger. Der Wassermann borgte zwar, wurde aber schließlich doch ungeduldig und verlangte sein Geld. Der Bauer vertröstete ihn und bat ihn, noch zu warten; er wollte alles bezahlen, wenn er wieder mehr Geld hätte.

Eines Nachts gingen beide wieder miteinander nach Miltitz, und der Bauer war ziemlich betrunken. Als sie schon über die Brücke waren und der Wassermann von neuem sein Geld einmahnte, wurde der Bauer wütend und begann, ihn zu beschimpfen. Der Wassermann, der nun auch erbost war, konnte dem Manne nichts anhaben, weil es kein Wasser in der Nähe gab.

So schwieg er und führte in noch bis zu den Gemeindesträuchern. Dort verschwand er, und der Betrunkene hörte bald ein wildes Gekicher. Jetzt wurde ihm unheimlich. Er fürchtete, daß ihn der Wassermann in die Wuhroda hineinziehen könnte.

Drum fing er an zu rennen und kam auch glücklida heim. Über Nacht vergaß er seine Angst. Aber als er am Morgen auf den Hof trat und aufs Feld fahren wollte, hörte er wieder das wilde Gekicher. Erschrocken suchte er festzustellen, woher das Lachen kam, und sah, wie der Wassermann im grünen Wams und mit roter Mütze gerade einen großen Stein herbeischleppte, um damit das Hoftor zu verrammeln. Da begann der Bauer dem Wassermann gut zuzureden und versprach ihm, er solle seinen Lohn haben. Doch der wollte zunächst nichts davon wissen; schließlich aber sagte er: „Ich trage den Stein wieder weg, wenn dein Hahn innerhalb von neun Minuten kräht. Tut er's nicht, mußt du mir neun Brote geben.„ Der Hahn krähte wirklich, und der Wassermann schleppte den Stein wieder weg. Er warf ihn in den Gemeindebusch nahe am Nebelschützer Fußweg. Dort liegt er heute noch und wird „der Frosch“ genannt, weil er einem sitzenden Frosch ähnelt.

Quelle: Erich Krawc, „Sagen der Lausitz“, Domowina Verlag 1962;