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Die Marata bei Kubschütz

Zwischen Kubschütz und Canitz-Christina liegt ein buschbedeckter Hügel, den die Leute „Scipata Marata“ nennen. Er hat seinen Namen nach einem wilden Weib, das in alter Zeit dort gehaust haben soll. Man findet auf der Kuppe des Berges noch große Steinblöcke, die ihr als Tisch und Stuhl gedient haben.

Einst ackerte dort Robels Kutscher aus Kubschütz. Die Sonne brannte, der Knecht schwitzte und wartete sehnsüchtig auf die Magd, die ihm das Frühstück bringen sollte. Aber niemand kam. Da besann er sich auf die Marata, die auf dem nahen Hügel oftmals buk und kochte. Wie wäre es, wenn die ihm einmal etwas zu kosten gäbe? Und laut rief er, daß es vom Busch zurückschallte: »Marata, Marata, bring mir ein Frühstück!„ Kaum hatte er gerufen, hörte er ein seltsames Kichern, und auf dem Feldrain stand eine alte Frau. Die rief ihm zu: „Hier hast du Kuchen und Bier. Essen darfst du, aber schneide den Kuchen nicht an; trinken darfst du, aber berühre den Krug nicht“ Dann verschwand sie wieder im Busch.

Der duftende Quarkkuchen und das schäumende Bier ließen dem Knecht das Wasser im Munde zusammenlaufen. Aber wie sollte er essen und trinken, ohne das Gebot der Marata zu verletzen? Da kam ihm ein guter Gedanke. Er holte sich einen Strohhalm und sog das Bier aus dem Kruge, ohne ihn zu berühren. Dann schnitt er mit dem Taschenmesser den Kuchen fein säuberlich aus, ohne den Rand zu verletzen, und aß sich satt. Als die Marata wiederkam und merkte, daß er sie über. listet hatte, schrie sie: »Das hat dich der Teufel gelehrt!«

Heute fürchtet sich niemand mehr vor der Marata. Sie erscheint keinem mehr; man hat sie von dem Hügel weggebracht. Das kam so: Als aus Furcht vor der Marata niemand mehr auf den Feldern in der Nähe des Hügels arbeiten wollte, berieten die Bauern, was zu tun sei, und beschlossen, sie zu verbannen. Aber keiner wußte einen wirksamen Bannspruch, nur der Schinder aus Stolpen. Also holte man den herbei und zog hinaus zum Hügel. Die Marata saß auf einem Steinblock und lachte die Menschen aus. Da befahl der Schinder: „Schafft sechzehn schwarze Pferde herbei!„ Die Kubschützer brachten aber nur fünfzehn zusammen. Daher nahmen sie als sechzehntes einen Schimmel.

Man spannte die Pferde an den Steinblock; sie zogen und zerrten, daß man die Hufabdrücke noch heute in den Steinen sieht, aber der Block rührte sich nicht vom Fleck. Da sagte der Schinder: „Der Schimmel muß weg, schafft noch einen Rappen herzu!“ Mit vieler Mühe gelang das, und beim nächsten Versuch schleppten die Pferde den Stein weg. Bergab ging es furchtbar schwer, bergauf dagegen ganz leicht. Wohin man die Marata gebracht hat? Manche sagen, in ein Waldstück am Czorneboh sei sie verbannt, andere wieder behaupten, sie hause in einer Sandgrube im Oberland.

Quelle: Erich Krawc, „Sagen der Lausitz“, Domowina Verlag 1962;