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Die Wurlawy

In alten Zeiten gingen die jungen Mädchen während der Winterzeit mehrmals wöchentlich zur Spinnstube, um dort aus dem Flachs feine Fäden zu spinnen, die später zu Leinewand verwebt wurden. Man arbeitete und sang dabei in froher Gemeinschaft. Wenn aber die Uhr die zehnte Abendstunde schlug, wurde Schluß gemacht, und alle eilten nach Hause. Denn wer noch länger spann, den besuchten die Wurlawy. Das waren graue Frauengestalten, die aus dem Walde kamen. Sie brachten einen Korb voll Werg und Spindeln und schoben ihn den Spinnerinnen zum Fenster hinein; die mußten dann in einer Stunde alles Werg verspinnen. Brachten sie das nicht fertig, so wurden sie von den Wurlawy umgebracht.

Waren die Mädchen aber klug, dann überlisteten sie die Wurlawy und waren frei. So wird es von den Müllers aus Schwarzkollm erzählt. Die hatten auch einmal bis nach zehn Uhr gesponnen. Auf dem Heimweg erschienen ihnen die Wurlawy und verlangten, daß die Mädchen zu Hause einen ganzen Korb Spindeln vollspinnen sollten. Um die häßlichen Frauen loszuwerden, sagten die Mädchen zu, spannen aber auf jede Spindel nur einen einzigen Faden und schoben dann den Korb zum Fenster hinaus. Die Wurlawy erbosten sich sehr und schrien: „Der Teufel hat euch das gelehrt!“ - verschwanden aber schließlich doch, und die Mädchen waren gerettet.

Quelle: Erich Krawc, „Sagen der Lausitz“, Domowina Verlag 1962;