<<< zurück | Sagen der Lausitz | weiter >>>

Die Wilde Frau

An der Straße von Wilthen nach Irgersdorf liegt ein Brunnen, der niemals zufriert. Dorthin ging oft die Wilde Frau vom Picho, um zu trinken, und kehrte dann auf ihren Berg zurück, wo sie auf einem großen Stein ihr Nachtlager hatte. Oft hörte man sie rufen: »Immer durstig, immer durstig.«

Einst begegnete ihr ein junges Mädchen, das gerade durch den Wald ging. Die Wilde Frau bat es, ihr die Haare zu kämmen. Das Mädchen erfüllte diese Bitte. Zum Lohn schüttete ihm die Frau einen Haufen Laub in die Schürze. Das Mädchen nahm das Laub zwar, ärgerte sich aber, daß es nichts Besseres erhalten hatte, und warf es wieder weg, sobald die graue Gestalt verschwunden war.

Als das Mädchen zu Hause ankam, sah es, daß an der Schürze ein Blatt hängen geblieben war, und dieses war jetzt aus blankem Golde. Schnell lief es nun wieder dahin zurück, wo es das übrige Laub weggeworfen hatte aber es war nicht mehr zu finden.

Quelle: Erich Krawc, „Sagen der Lausitz“, Domowina Verlag 1962;