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Der Wunderdreier

Auf dem Stromberg bei Weißenberg war in manchen Nächten ein Schloß zu sehen. Weithin leuchteten dann die erhellten Fenster ins Land. Aber niemand getraute sich in seine Nähe, Die sieh zu überzeugen, was es für eine Bewandtnis damit habe.

Da geschalt es einmal, daß ein Schuhmacher aus Löbau, ohne daß er es wollte, Bekanntschaft machte mit jenem Schloß und seinen Bewohnern. Das kam so:

Er war in Weißenberg zum Markt gewesen, hatte sich verspätet und wanderte nun im Dunkeln nach Löbau zu. In der Nähe des Berges kam er vom Wege ab und verirrte sich. Schließlich sah er ein Licht und wanderte darauf zu. Wie erstaunte er aber, als er plötzlich vor dem hellerleuchteten Eingang eines prächtigen Schlosses stand, von dem er nie etwas gehört hatte! Zögernd ging er hinein. Vielleicht borgte man ihm da eine Laterne, damit er sich besser heimfinde. Er trat ein und stand sogleich in einem hohen Zimmer. Zwei Herren waren darin. Der eine ging auf und ab und diktierte anscheinend dem anderen, der an einem Tisch saß und mit dem Gänsekiel eifrig schrieb. Der eine fragte ihn mit rauher Stimme, was er denn hier wolle. Der Schuhmacher erzählte, wie er hergeraten sei und daß er um eine Laterne bäte.

„Wenn du schon einmal hier bist, mußt du drei Tage bei uns bleiben. Du kannst dir eine Arbeit aussuchen, welche du magst!„ erwiderte drauf der Herr. Der Schuhmacher hatte keine Lust, hierzubleiben und zu arbeiten, und murmelte nur etwas für sich hin. „Nun, dann wirst du Steine karren!“ befahl der Herr - und dabei blieb es. Aus Angst, es könnte ihm noch Schlechteres zustoßen, verrichtete er die schwere Arbeit und war froh, als die Zeit um war. Am Abend des dritten Tages gaben ihm die zwei Männer eine Laterne und ließen ihn gehen. Er wartete auf einen Lohn aber sie taten gar nicht dergleichen. Da sagte er ihnen, daß er doch drei Tage Arbeitszeit versäumt habe und seiner Familie etwas mitbringen wolle. „Nun, dann hast du hier einen Dreier„, sagte der Herr. „Es ist zwar nicht viel, aber solange du den besitzt, wirst du immer Glück haben. Halte ihn also sorgsam fest!'

Er war damit zufrieden und stapfte in die Nacht hinein. Als er in Löbau ankam, fand er sein Haus verriegelt und verschlossen. Nach langem Klopfen öffnete die Frau endlich und begann sogleich furchtbar zu schreien, als sie ihn erblickte. Das war ja auch kein Wunder. Denn der Mann war nicht drei Tage, wie er glaubte, von zu Hause fort gewesen, sondern ein ganzes Jahr. Die Frau hatte geglaubt, er sei irgendwo verunglückt und lange tot.

Nun begann ein lustiges Leben. Er ließ sich fleißig im Gasthaus bewundern, trank und feierte mit seinen Zechbrüdern, und der Beutel mit dem Wunderdreier wurde niemals leer. Die Werkstatt daheim aber stand verlassen und verstaubte, bis es plötzlich einmal mit dem Feiern und Trinken zu Ende ging. Das kam so: Er hatte im Rausch aus Versehen den Dreier mit ausgegeben, und seitdem blieb der Geldbeutel leer. So mußte er wohl oder übel wieder auf dem Schusterschemel sitzen. Er fand bald wieder Gefallen an seiner Arbeit, und weil er ein geschickter Handwerker war, blühte ihm bald wieder das Glück, nun aber durch seiner Hände Fleiß.

Quelle: Erich Krawc, „Sagen der Lausitz“, Domowina Verlag 1962;