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Der Goldkeller auf dem Lobauer Berg

Auf dem Löbauer Berg, in der Nähe eines Felsens, der im Volksmund der Goldkeller heißt, spielten einst zwei Knaben.

Plötzlich entführte ein Windstoß dem einen sein leichtes Strohhütchen und wirbelte es in eine Felsenkluft. Aus Furcht vor Strafe, wenn er ohne sein Hütchen nach Hause käme, kletterte er unter großer Gefahr in die Tiefe und gelangte schließlich bis auf den Grund der Kluft, ohne freilich sein Eigentum wiederzufinden. Statt dessen sah er plötzlich einen riesigen Felsenkeller, der sich seinen Blicken öffnete. Eine Anzahl Männer saßen um einen runden Tisch und schienen zu spielen, ohne daß ein lautes Wort zu hören war. Ganz hinten aber standen große Braupfannen, voll von blanken Goldstücken und Silbertalern.

Die Männer nickten dem Knaben freundlich zu und deuteten auf die Schätze, daß er sich davon nähme. Doch ein großer, feuerschnaubender Hund vertrat ihm den Weg, so daß er allen Mut verlor. Die Männer winkten von neuem, und der Hund zog sich etwas zurück. Da wagte es der Knabe, sich heranzuschleichen, ging dicht an dem Hund vorbei und steckte sich von den Goldstücken und Talern ein, soviel in seinen kleinen Taschen Platz hatte. Nachdem alles glücklich vor sich gegangen war, machte er sich, mutiger geworden, auf den Heimweg. der Hund lies ihn vorbei, die Männer nickten ihm zu, und bald stand er wieder draußen vor der Höhle. Froh über sein Glück, das ihm statt des verlorenen Hütchens eine Menge Reichtum beschert hatte, eilte er nach Hause.

Der andere Knabe hatte voller Unruhe auf seinen Freund gewartet und schon ein Unglück befürchtet. Als er ihn nun gesund und mit Schätzen beladen wiedersah und von ihm hörte, wie leicht und gefahrlos er zu seinem Glück gekommen war, da stieg in ihm der Wunsch auf, es auch bei den unterirdischen Schatzmeistern zu versuchen. Er warf daher mit Absicht sein Hütchen in die Kluft, kletterte ihm nach und stand bald ebenfalls vor dem Eingang zum Goldkeller. Aber welch ein Empfang wurde ihm zuteil! Die Männer sahen ihn böse an und drohten ihm. Der feuerschnaubende Hund aber kam auf ihn zu und zeigte seine scharfen Zähne. Da sank ihm der Mut. So schnell er konnte, rannte er aus der Höhle und war froh, mit heiler Haut davongekommen zu sein. Mit Mühe erklomm er wieder den Felsen und hatte überdies auch noch seinen Hut verloren.

Quelle: Erich Krawc, „Sagen der Lausitz“, Domowina Verlag 1962;