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Wie Herr Ulrich von Biberstein auf Sorau die böhmischen Junker beschämt

  Magnus S. 15.

Ulrich V. von Biberstein auf Sorau und Friedland war ein reicher Herr, aber allezeit ohne allen Stolz und ging mehrentheils in einem schlechten grauen Wamms einher. Einstmals saß er auch so mit zu Prag an der Landtafel. Die böhmischen Herren aber waren alle sehr reich gekleidet, und sprach einer dieser Prahlhänse und Kleiderphantasten ganz laut, daß es der Bibersteiner hören sollte: „Es möchte doch keiner zur Tafel gelassen werden, er hätte denn eine marderne oder füchsene Schauben1) an; einem Herrn in schlechtem grauen Habit gezieme nicht, unter so vielen großen und vornehmen Herren zu sitzen!“

Da gab Herr Ulrich zur Antwort: „Es wäre besser, daß Niemand zur Tafel gelassen würde, so nicht zum wenigsten 100 ungarische Dukaten im Beutel hätte, die er jetzt Gott Lob und zu Hause noch viel mehr im Vermögen hätte.“ Da konnten die vornehmen Hungerleider daran riechen.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862


1)
Die Schaube, von arabisch Dschubbe, ist ein weiter, oft glockiger, vorn offener, ungegürteter Überrock, der im 15. Jahrhundert aufkam, um den darunter getragenen Scheckenrock sichtbar zu machen. Als Vorläufer der Schaube wird der Tappert betrachtet, der bis ins 16. Jahrhundert getragen wurde. Quelle: Wikipedia