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Das Raubhaus in Quitzdorf - Zweite Sage

  Handschrift von v. Derßen im Archiv der Oberl. Ges. D. M.

Einstmals kamen zween als Herren verkleidete Burschen in die Schänke zu Quitzdorf, koseten daselbst mit der Schänkerin und einem anderen artigen Mädchen und verabredeten mit ihnen, sie wollten Sonntags wieder kommen und mit ihnen tanzen. Die Mädchen sollten ihnen nur entgegenkommen bis an die Brücke an der Rothenburger Straße, dort möchten sie sie nur erwarten. Die Mädchen kamen auch zur verabredeten Stunde, weil aber ihre Ritter auf sich warten ließen, versteckten sie sich, von weiblicher Neugier getrieben, einstweilen unter die Brücke, um zu hören, was Letztere von ihnen sprechen würden. Nicht lange, da kamen die Kerle, und da sie die Mädchen nicht vorfanden, unterhielten sie sich ohne Argwohn mit einander. Da kam es denn heraus, daß sie Räuber waren, die in einem nahe gelegenen Schlosse hausten, und daß sie ihre Pferde verkehrt beschlügen, um nicht entdeckt zu werden.

Dann kam das Gespräch auf die Mädchen und sie jagten ganz unverhohlen, daß, wenn sie nur erst kämen, so wollten sie sie gleich festhalten und auf ihr Schloß mitnehmen, ihre Lust an ihnen büßen, und damit nichts verrathen würde, schließlich in heißem Oele sieden. Die Mädchen unter der Brücke hörten Alles und erschraken zu Tode und zitterten an allen Gliedern. Als die Räuber noch lange vergeblich gewartet hatten, gingen sie fluchend von dannen. Zitternd krochen die Mädchen hervor und liefen so schnell sie konnten, ohne sich umzusehen, nach Hause. So hatten sich die Räuber selber verrathen.

Die Geschichte ward nach Görlitz berichtet und die Görlitzer schickten Kriegsvolk aus, um die Vögel einzufangen. Als diese an der Schmiede zu Torge vorüberritten, sahen sie dort etliche Pferde stehen, gingen nahe hinzu und sahen, daß dieselben verkehrt beschlagen waren. Daran erkannten sie die Räuber, die auch richtig in der Schmiede saßen und sorglos zechten. Es setzte einen heißen Kampf, aber endlich wurde das Gesindel gefangen genommen. Einige der Görlitzer, die beherzte Bursche waren, zogen den Räubern die Kleider aus und sich dieselben an, setzten sich auf die erbeuteten Pferde und ritten, geführt von einem weißen Hunde, den die Räuber bei sich hatten, auf den Schöps los, wo sie auch bald zur Burg kamen und von einer Frau eingelassen wurden. So hatten sie das Räubernest mit List entdeckt.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862