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Gründung von Hoyerswerda - Zweite Sage

  Sal. Gottl. Frenzel, Chronik von Hoyerswerda 1744 S. 2.

Die Grafen und Herren Wrßowsken waren im Königreich Böhmen gar mächtig und angesehen, denn sie waren schon mit dem ersten böhmischen Könige Czech in's Land gekommen. Dies Geschlecht trachtete nach immer höherem Ruhme und größerer Macht und wollte sein Oberhaupt, Namens Kochan, auf den böhmischen Thron erheben. Dazumal (1003) war aber Herzog Jaromir Herr von Böhmen. Den trachteten die Wrßowsken zu verderben. Einst kamen sie an den Hof und verlockten den Herzog mit ihnen auf die Jagd zu reiten. Er nahm Abschied von seiner holden Gemahlin Striska und ritt nebst zwei Jägern, Namens Hovoran und Hrivez, von dannen.

Die Nacht darauf hatte die Herzogin einen schweren Traum. Es erschien ihr Johannes der Täufer und redete sie also an: „Stehe auf, Frau, und rüste 50 gewappnete Männer, auf daß sie eilend dem Fürsten nachfolgen, denn sein Leben ist in Gefahr.“ Die Fürstin erwachte und vollzog in großer Angst und Hast den Befehl ihres himmlischen Beschützers. Inzwischen jagten die Grafen mit dem Herzog in der Gegend des Berges Wely, suchten ihn von seinen Gefährten zu trennen und plötzlich fielen sie über ihn her, banden ihn und warfen ihn zu Boden, ja sie sprangen zur Kurzweil mit ihren Pferden über ihn weg. In solcher Angst und Noth betete Herzog Jaromir voll Sehnsucht zu Gott und seinem Schutzpatron St. Johannes. Die Grafen aber spotteten seiner: Weder Gott noch St. Johannes könnten ihn mehr aus ihren Händen erretten. Sie nahmen ihn und banden ihn aufrecht zwischen zwei Eichen fest. Da kommt der Jäger Hovoran, der seinen Herrn gesucht hatte, auf den Schauplaß des Frevels, entseget sich, kehrt sogleich um, um Hülfe zu holen, stößt auf die von der Herzogin abgeschickten Reiter, theilt ihnen mit, was er gesehen und legt sie in einen Hinterhalt, auf daß sie seines Winkes gewärtig seien.

Unterdessen hatten die Grafen angefangen, auf den Herzog wie nach einer Scheibe zu schießen, und wenn nicht der heilige Johannes die mörderischen Pfeile mit seinem Mantel aufgefangen hätte, so wäre es um ihn geschehen gewesen. Da erschien Hovoran. Kaum gewahrten sie ihn, so nahmen sie ihn gefangen. Sein ebenfalls gefangener aber meineidig gewordener Genosse sollte ihn erdrosseln. Da bat er, man möchte ihm erlauben noch dreimal in sein Jägerhorn zu stoßen. Also blies Hovoran dreimal und beim drittenmale brachen die Reiter hervor und nahmen dreizehn der Grafen gefangen. Nur Kochan entkam, indem er sich unter Eichenlaub versteckte. Der treulose Hrivez aber fiel vom Baume, brach ein Bein und wurde so gefangen. So wurde Jaromir aus den Händen seiner grausamen Feinde errettet.

Für seine treue Hülfe aber hat der Herzog den Hovoran hochgeehrt, sein Lob in ganz Böhmen kund machen lassen, ihn und seine Nachkommen zum Range eines Großjägermeisters erhoben und ihm mit Bewilligung des Kaisers ein freiherrliches Wappen verliehen, darinnen zwei fünf knotige Eichenzweige kreuzweis im goldenen Felde zu sehen sind.

Davon führte er auch den Namen Duba, die Eiche. Dieser Hovoran hat die heutige Stadt Hoyerswerda auf dem ihm vom Herzoge verliehenen Lehnsgute erbaut und gegründet. Daher auch das Stadtwappen bis diese Stunde drei grünende Eichen aufweist. Hovoran liegt begraben in der Hauptkirche bei dem Eingange zum hohen Altare.

Auf einer Säule der Kirche, die aber später nach Geyerswalde gekommen ist, findet sich abgebildet, wie die Rebellen nach dem an die Eichen gebundenen Herzog schießen.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862