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Alter Adel in der Lausitz

  I. Hósmanni Pompa Regii ingressus init. Chytraei Chronologia or. III. 
  II. Meißn. L. u. V. Chronit S. 73.

I.

In alten Chroniken ist zu lesen, daß man vor Alters in keinem Land habe beherzter, kühner und männlicher Volk gefunden als in Lausnitz, denn als Kaiser Carolus M. so ernste Musterung in Sachsen, Meißen und andern Orten wegen der christlichen Religion gehalten, da sind die vornehmsten ritterlichsten Helden und Adelspersonen mit ihrem besten Volke in dies Land Lausnitz geflohen, weil sie sich mit Niederfällen der Bäume haben verschanzen können und daraus dem Feinde trefflichen Widerstand gethan. “

Anmerkungen: Daß die Sage auch von einem noch viel älteren, und zwar einheimischen, aus heidnischen Slavenzeiten herstammenden Adel weiß, haben wir bereits oben (No. 7) gesehen.

II.

„Viele adelige Geschlechter in diesen Landen haben einen gleichen Anfang und sind aus der Schweiz gebürtig, daraus es vor Zeiten nicht wenig tapfere Leute gegeben, die zu gebrauchen gewesen und passiret haben. Und sind Anno 965 in dem großen vielfältigen Einfall der Vandalen erstlich in diese Lande kommen, weil dieselben Völker dieser Gegend in Lausnitz und Schlesien großen Schaden mit Mord und Brand angerichtet und nicht wenig zugesetzet. Auf der andern Seite haben sich diese Lande auch der räuberischen Völker der Hunnen besorgen müssen, die bisweilen großen Schaden gethan.

Als hat man wegen solcher Einfälle in steten Furchten gestanden, haben sich auch um wohlversuchte Rittersleute trefflich bemühet. Und als sich in bemeldtem Einfall der Vandalen in diesem Lande vor andern wohl verhalten die Herren Wenceslaus von Zedlitz und Hans von Nostitz, welche zwo leibliche Schwestern gehabt, als sind in großer Autorität und Ansehen bei allem Volke kommen, ihnen ist auch frei zugelassen worden, einen Ort zu ersehen, welcher ihnen am bequemsten oder wo sie am liebsten wohnen möchten, ihren adeligen Rittersitz zu halten. Fast um diese Zeit haben auch die Herren von Biberstein ihren Anfang genommen.

Anmerkungen:

1. Die Tapferfeit der Nieder-Lausitzer Ritter aus der Zeit der Hohenstaufen ist bezeugt im Titurel des Wolfram b. Eschenbach, Cap. 16: „ Aus Lucesitze, der Marke Dar kamen die wol wessen Was do hieß ritterliche That, die starke. “ Ennidel's österreichische Reimchronik sagt von den Budissiner Rittern, die 1245 ihrem Könige in Kriegsnoth zu Hilfe eilten: „ Da cham die von Budissein Und wern es ritter von dem rein geweßen, ez wär genug. Sie waren pehend und klug. Die freuten sich ir manheit Des warn sie gar onverzait. “

2. Hier dürfte der Ort sein, eines eigenthümlichen Rechtes des Oberlausitischen Adels zu erwähnen, das bis zum Jahre 1780 in Gebrauch gewesen ist. Das ritterliche Recht des „Vorrittes“ wurde im J. 1544 von Kaiser Ferdinand I. dem Oberlausitischen Adel erneuert und es bestand darin, daß das allgemeine Lehnrecht, nach welchem ein Lehen nicht verkäuflich war, weil es an den Lehnsherrn fiel, sobald das Geschlecht ausstarb, für den Oberlausitzer Adel in solchem Umfange nicht existirte; sondern jeder Ritter durfte das Lehngut verkaufen, wenn er keine männlichen Erben hatte. Nur mußte er darthun, daß er nicht alterschwach und impotent wäre, und zum Beweise dessen in Gegenwart des Landvogts in voller Rüstung erscheinen und ohne Hülfe ein „ hengstmäßiges Pferd “ besteigen und einen Ritt machen. Das älteste Beispiel ist vom Jahre 1529, wo ein Anton von Schreiberdorf sein Lehngut an Töchter vererben wollte, das jüngste vom 25. November 1777, wo ein Graf von Hoym sich expreß dazu eine vollständige neue Rüstung machen ließ und unter großen Feierlichkeiten auf dem Schloßhofe zu Budissin den Vorritt that. (Carpzod's Ehrentempel 1. 152. Corp. jur. Lusat. Bud. 1710. 197. 463. Preusker II. 2:23. Weitere Literatur darüber verzeichnet Pescheck in seiner Literatur der Oberlaus. Alterthümer. 1848. S. 159.)

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862