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Wie Wiprecht fromm wird und das Kloster Pegau gründete

  Historia de vita et rebus Viperti in Hoffm. Script. rer. Lus. I.1. 
  Schöttgen, Historie GrafWiprechts. Chronica von dem loblichen, thewren Helde, 
  Graf Wiprechten zu Groitsch, gedr. zu Eisleben 1584. Historia ganß lustig zu lesen, 
  von deu tewren Kriegshelden, Hochberühinten Fürsten und Edlen Herrn Wiprecht, 
  Marggraffen zu Lausnitz ic., von Brotuff. Leipzig 1556.

Nachdem der Kaiser den Grafen Wiprecht wieder ausgesöhnt, ihn mit vielen und großen Ländereien beschenkt und ihn endlich zum Markgrafen der Lausitz eingesetzt hatte, ist Wiprecht noch oft zu Felde gezogen und hat noch manche Fehde ausgefochten. Sein treuer Freund aber, der König Wratislaw von Böhmen, gab ihm seine schöne Tochter Judith zum Weibe und sie brachte ihm als Morgengabe den Gau Nisin und das Land Budissin mit, welche Länder bis dahin zu Böhmen gehört hatten. So ward Graf Wiprecht einer der mächtigsten Herren im ganzen deutschen Reiche.

Aber als er alt wurde, da dachte er ernstlich an seiner Seelen Seligkeit und es lag ihm schwer auf dem Herzen, daß er zu Rom die Schwelle des heiligen Apostels mit Blut befleckt und daß er einst zu Zeiz die Kirche des heiligen Jakob verbrannt hatte. Und es kam über ihn eine große Sündenangst und eine heftige Reue. Da berieth er sich mit den Bischöfen zu Magdeburg und Merseburg und pilgerte endlich nach Rom, warf sich dem heiligen Vater zu Füßen und neßte mit Thränen die Stätte, wo er einst Blut vergossen. Und als er dem Papste alle seine Sünden gebeichtet, wallfahrtete er weiter nach Hispania zum Patriarchen von Campostella, und der Patriarch von Campostella gab ihm auf, die Kirche zu St. Jakob, die er verbrannt, wieder aufzubauen und auch ein Kloster dabei zu stiften und verehrte ihm eine kostbare Reliquie, den Daumen des heiligen Jakob, segnete ihn und ließ ihn ziehen.

Da kam Wiprecht zurück nach Groitsch und die Seinen empfingen ihn mit großer Freude. Bald darauf kam er durch ein Dorf, Hila genannt, daselbst war ein armseliges Kirchlein. Wiprecht ging hinein zubeten, denn es war seine Gewohnheit, ohne Andacht bei keiner Kirche vorüberzufahren, und einer seiner Getreuen, Namens Geißler, war mit ihm. Und als er aufstand vom Gebet, siehe, da that sich der heilige Schrein über dem kleinen Altare von selber auf gleich einem Buche und ein heller Glanz strömte heraus und das Herz des tapferen Mannes erbebte vor Schrecken.

Da hatte er fürder keine Ruhe und erbaute alsogleich das Kloster zu Pegau und trug mit eigenen Händen zwölf Körbe voll Steine an die zwölf Ecken des heiligen Gebäudes und ließ sie weihen zu Ehren der heiligen Mutter Maria und des heiligen Apostels Jakobus.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862