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Wie durch Wiprecht Rom erobert wird

  Historia de vita et rebus Viperti in Hoffm. Script. rer. Lus. I.1. 
  Schöttgen, Historie GrafWiprechts. Chronica von dem loblichen, thewren Helde, 
  Graf Wiprechten zu Groitsch, gedr. zu Eisleben 1584. Historia ganß lustig zu lesen, 
  von deu tewren Kriegshelden, Hochberühinten Fürsten und Edlen Herrn Wiprecht, 
  Marggraffen zu Lausnitz ic., von Brotuff. Leipzig 1556.

Es hatte aber Wiprecht unter den Seinigen einen gescheidten Kerl, mit Namen Ras. Den schickte er bei Nacht unter die Mauern der Stadt, zu erforschen, wo etwa eine unbewachte Stelle wäre. Denn die Römer sind leichtfertige Leute. Und Ras fand eine Mauer, da war kein Wächter dabei. Solches meldete er dem Grafen, und Wiprecht nahm zwei Leitern und einige von den Seinigen, und sie erstiegen unbemerkt die Mauern. Ras zuerst und Wiprecht zur Zweit und vierzig Mannen Wiprechts hinterdrein. Und ließen's dem Könige sagen und der König kam herbei mit großer Kriegsmacht und hieb die Thore entzwei. Die Römer aber schrieen sehr und wehrten sich tapfer; aber es half ihnen nichts. Also ward durch Wiprecht's Witz und Kühnheit Rom erobert.

Der Papst aber wollte durch die Peterskirche in das Haus Theodorich's fliehen. Da verlegten ihm die Deutschen den Weg und so wurden die Römer in der Kirche eingeschlossen. Und waren darin drei Tage lang und machten häufige Ausfälle durch die Kirchthüren, wehrten sich tapfer. Da nahm Wiprecht einen großen Balken und wie sie wieder einmal zurückflohen durch die Thüre, warf er den Balken dazwischen, stürmte nach und eroberte also die Peterskirche. Da floß in dem heiligen Gotteshause das Menschenblut wie das Wasser in den Tiber.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862