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Der Gotschdorfer Heilbrunnen II

  Frenzel, hist. natur. I 487. 501. msc. J. Lohde, hist. Discours von dem Schellendorff'schen Heilbrunnen.

Eine halbe Meile von Königsbrück ist eine Quelle, welche die Eigenschaft haben soll, daß Steine, welche man hineinwirft und einige Zeit darin liegen läßt, weich werden.

Im Jahre 1646 ließ der Freiherr von Schellendorf, damaliger Besitzer von Königsbrück, die Quelle untersuchen und fassen, und es fand sich bald ein Zulauf von Leuten aus allen Ständen, die ihr Wasser als Heilmittel benutzten. Ein Bauersmann kam auch dahin und gebrauchte den Brunnen. Da er aber nicht sogleich eine heilsame Wirkung verspürte, verachtete er die Gottesgabe und sprach spöttisch: „Wasser ist Wasser: ich lobe mir eine Kanne Bier dafür“, worauf ihn der Schlag auf der Stelle gerührt, daß er stumm geworden, bis er etliche Tage nachher gestorben ist.

Es geht auch eine alte Sage, daß in derselben Gegend, wo dieser Heilbrunnen befindlich ist, vor Zeiten zwei Salzquellen gewesen, deren Wasser die Landleute zum Salzen der Butter gebraucht haben, davon sie viel besser geschmeckt, als wenn dazu gemeines Kochsalz gebraucht worden.

In der Hussitenzeit, wo Alles ringsumher verwüstet worden, sollen auch diese Salzquellen in Abgang gekommen, mit Schlamm verstopft und von Gehölz überwachsen sein, daß man sie gar nicht mehr hat auffinden können.

Anmerkungen:

1. Salzquellen hatten bei den alten Germanen besondere Heiligkeit. Um ihren Besitz wurden blutige Kriege geführt. Sie glaubten, salzhaltige Gegenden lägen dem Himmel näher und das Salz käme vom Himmel. Aber auch bei den Wenden hat das Salz besondere Heiligkeit. Fast stets findet man auf ihren Tischen ein Salzfaß stehen. Bei feierlichen Gelegenheiten wird erst Brod und Salz gegessen. Die Ehrenfrau bei der Hochzeit, gewöhnlich die Pathe der Braut, heißt Salzmeste u. s. w. In der Görlitzer Haide und bei Hirschfelde giebt es sagenhafte Salzquellen.

2. Obige Quelle heißt auch Pan - Quelle, Pan = Herr, also: herrschaftlicher Brunnen. Auch der Schwepnitzer Jäger in der Nachbarschaft heißt Pam - Jäger, wahrscheinlich in derselben Bedeutung.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862