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Der Gotschdorfer Heilbrunnen I

  Haberkorn, Chronik von Kamenz S. 432.

Bei Gotschdorf und Neukirch, eine halbe Meile von Königsbrück, war in früheren Zeiten ein heidnischer Götzentempel mit einem heiligen Brunnen. Dieser Tempel wurde später in eine christliche Kirche verwandelt, aber nach wie vor kamen die Leute an gewissen Tagen, um in dem Brunnen zu baden und von seiner Wunderkraft immerwährendes Heil und Kraft zu erlangen, so daß die christlichen Priester Geld dafür nahmen und große Schätze sammelten. Erst als eine der vorigen Königsbrücker Herrschaften ihn überdecken ließ, hat er seine Kraft verloren, aber doch nicht gänzlich seine Heiligkeit eingebüßt. Noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts kamen an einem bestimmten Tage des Jahres die Neukircher Burschen, um den Brunnen feierlich zu reinigen.

Anmerkungen: Gotschdorf soll aus Gottesdorf korrumpirt sein. Die ganze Gegend hat allerdings viele Spuren heidnischen Götzendienstes. Die Sage von der im christlichen Zeiten und unter christlichen Priestern fortdauernden Heiligkeit beruht vielleicht auf Thatsachen, wie bei dem Marienbrunnen zu Rosenthal. (s. die Legenden im 2. Theil)

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862