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Viehsterben durch Zauberei bewirkt

  Frenzel, hist. natur. II. 1085. msc.

Im September 1682 ist von Südwesten her nach der Lausitz eine große Viehseuche gekommen, welche alle vierundzwanzig Stunden um zwei Meilen Länge und vier Meilen Breite vorrückte, und unter dem Rindvieh und den Pferden gräßlich wüthete, indem sie denselben die Zungen anfraß, also daß sie faulten und dann binnen Kurzem der Tod eintrat. Diese Viehseuche ist durch Zauberei bewirkt worden, welche in einer damals zu Budissin herausgekommenen Schrift folgendermaßen erzählt wird:

„Es sind zwei Franzosen ins Schweizerland zu einer Kindbetterin gekommen, aber verkleidet; einer hatte eine Mönchskutte angehabt, der andere eine Kapuzinerkutte. Diese haben von der Kindbetterin, als ihr Mann nicht zu Hause gewesen, begehret drei Tropfen von ihrer Milch und drei Haare aus ihrem Haupte; sie aber hat's ihnen diesmal verweigert und gesagt, es könne jetzt nicht sein, sie sollten in zwei Stunden wieder kommen. Während dieser Zeit aber kömmt ihr Mann nach Hause, da erzählet ihm die Frau gleich, was die zwei Mönche von ihr begehret haben; als er aber vernommen, daß sie ihrem Begehren nicht nachgekommen, ist er ganz freudig gewesen, jedoch zu ihr gesagt, sie solle drei Tropfen Kuhmilch nehmen und drei Haare aus einem Füllenschweif ziehen und so sie wieder kämen, es ihnen geben.

Siehe, die Mönche kommen auf benannte Stunde und begehren dasjenige wie zuvor. Die Kindbetterin giebt's ihnen wie ihr Mann befohlen. Sie nehmens und gehen damit fort, nehmen hiernach ein Glas, thun diese Stücke darein und treiben damit Hexerei, geben sodann das Glas einem Buben in die Hand und heißen ihn damit auf einen Baum steigen, da solle er in das Glas sehen. Sie fragen ihn zum ersten Male, was er sähe; er antwortet: nichts. Als sie aber zum dritten Male fragen, antwortet er, er sähe ein ganzes Feld voll todtes Vieh. Da sie dieses höreten, sprachen sie gleich zu sammen: wir sind betrogen.“

„Es haben aber die zwei obigen Zauberer auch noch andere vier in das Mailändische geschickt, die mit der Kuhmilch dergleichen verfluchte Zauberei angerichtet.“

Anmerkungen:

1. Ein besonders präparirtes Glas oder Krystall, durch welches man entweder mit oder ohne Anwendung von Zaubersprüchen sieht, ist ein nothwendiges Stück in der Hexenküche. Uebrigens erzählt J. Rist (Alleredelste Zeitverkürzung p. 255.) also ein glaubwürdiger, wenn auch nicht vorurtheilsfreier Mann, wirklich einen solchen Krystall erprobt zu haben. Spengler (Vorrede zu seiner Ausgabe von Plutarchs de defectu oraculorum) hatte einen solchen Krystall zum Geschenke bekommen, brauchte aber die Vermittelung eines nnschuldigen Knaben. Als seine Ehefrau schwanger wurde, erschienen auch ihr (durch Vermittelung der Frucht?) im Krystall die Gestalten, welche man haben wollte. Spenglern wurde die Sache aber unheimlich. Er zerstampfte den Krystall und versenkte ihn in des Pilati geheime Kanzlei.

2. Im Jahre 1161 wurden in Böhmen 85 Juden wegen Anzauberung von Senchen ver brannt und ihre Asche in die Moldau geworfen. Scheible, Das Kloster, 12. Bd. S. 1049.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862