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Die weiße Frau auf dem Auersberge

  Gräve, S. 139.

Auf dem Auersberge bei Heydersdorf und Linda stand vor alten Zeiten eine Burg, deren geräumige Kellergewölbe noch heutigen Tages sichtbar sind. Dort hauste einst ein wilder Raubritter; der hatte eine fromme Gemahlin, die ihn gar oft mit Bitten und Thränen anflehte, sein sündliches Leben zu bessern. Einstmals aber ist der Ritter zornig gewesen, hat seine Ehegemahlin eine alte Betschwester genannt und also hart geschlagen und gestoßen, daß sie die Treppe herunter gefallen ist und den Hals gebrochen hat.

Das Raubschloß ist längst der Erde gleich gemacht, aber die Ritterfrau geht noch oft in einem weißen Gewande auf den Trümmern umher, kam auch früher zuweilen in das Dorf, gab den Armen Geld und Lebensmittel, tröstete und heilte die Kranken und war ein Schutzengel der ganzen Gegend.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862