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Der Steinberg bei Hennersdorf

  Görl. Wegweiser 1833. S. 370. Mündlich.

Ein armer Bauer aus Sohra fuhr spät Abends von Görlitz nach Hause. Er hatte Steine geladen und seine Pferde waren so abgetrieben, daß sie kaum von der Stelle gehen wollten und endlich hinter Hennersdorf ganz stehen blieben. Es war unterdeß eilf Uhr Nachts heran gekommen. Verzweifelnd über sein Mißgeschick und sein ganzes armseliges Loos stand der Bauer neben seinem Wagen und konnte sich nicht enthalten, gar mörderlich zu fluchen. Der Teufel soll mich holen – rief er aus, und hatte kaum das Wort über die Lippen gebracht, da stand auch schon eine lange Gestalt vor ihm mit Pferdefuß und Schwanz! Der Bauer erschrak und rief unwillkürlich aus: Mein Gott, Ihr seid wohl gar der Herr Teufel? Laß gut sein, Bauer, sagte der Teufel, (denn er war's) Du hast Deinen freien Willen; ich biete Dir nur eine Wette an, Du kannst thun und lassen was Du willst. Der Bauer faßte sich schnell ein Herz und sprach: Nun Herr Teufel, was habt Ihr denn für eine Wette? Noch ehe es zwölf Uhr schlägt, erwiederte der Teufel, will ich hier auf diesem Berge eine Kapelle bauen. Wird diese Kapelle nicht fertig, so sollst Du große, große Schätze haben; wird sie aber fertig, so ist Deine Seele mein.

Den Bauer lüstete nach den Schätzen – er ging die Wette ein, und der Bau begann. Da sah er denn nun freilich zu seiner großen Verwunde rung, wie sich große Steine aus der Erde empor hoben, höher und immer höher stiegen, und sich allmählich wie eine Kapelle gestalteten. Da wurde ihm unheimlich zu Muthe und schon sah er seine Seele in der Hölle brennen. Mitternacht kam aber auch näher und plötzlich schallte der erste Schlag der Geisterstunde von der Thurmuhr zu Ludwigsdorf herüber. Da spitzte der Teufel die Ohren, horchte hoch auf und wurde wüthend als die Thurmuhr ihre zwölf Schläge vollendet hatte. Der Teufel hatte sich verrechnet; denn er hatte den Stundenschlag von Görlitz her erwartet und ganz vergessen, daß auch in Ludwigsdorf eine Thurmuhr sei, die zufällig ein Paar Minuten vor ging. Er war betrogen. Die Kapelle war noch nicht fertig und der Bauer hatte die Wette gewonnen. Wüthend riß der Teufel ein Stück vom Felsen los und schleuderte es unter einem furchtbaren Gelächter nach der Ludwigsdorfer Kirche, zertrümmerte auch richtig die Thurmspitze und der Stein fiel vor dem Schlosse zu Ludwigsdorf nieder, wo er noch vor fünfzig Jahren gesehen worden ist. Der Bauer wurde ein reicher Mann. Der Ludwigsdorfer Thurm hat bis jetzt noch keine neue Spitze, aber die neu erbaute Kapelle verwandelte sich in jenen thurmartigen Felsen bei Hennersdorf.

Eine andere Sage setzt noch hinzu, daß der Teufel mit diesem Felsenstücke nicht blos den Ludwigsdorfer, sondern auch den Rengersdorfer und Seifersdorfer Kirchthurm, welche alle drei in einer Richtung stehen und in ihrer jetzigen Gestalt alle einander ähnlich sehen, zugleich getroffen hätte.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862