<<< zurück | Kapitel 7: Irrlichter, Kobolde, Luttchen, Zwerge | weiter >>>

Der Irrwisch bei Gehren

  R. Scharnweber & O. Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau, Berlin 1933

Am „wendschen Dikeken“, einem Wasserloche bei der Tiefelsmühle, spukte ein Irrwisch. Einmal war der alte Ast lange Zeit bei Tiefels gesessen und hatte ein Pillechen getrunken. Als er nach Hause ging und bis ans „wensche Dikeken“ kam, leuchtete vor ihm ein Irrlicht. Da ging er hinter ihm her und kam in die Drehe. Und je länger, um so mehr kam er in die Drehe. Und auf einmal fiel er in ein Torfloch, da wo es anfing.

Da jammerte der alte Ast und bittete den Irrwisch, es sollte ihm doch wieder rausleuchten. Er würde sonst krank, wenn er solange im nassen läge. Er wollte dem Irrwisch auch zwei Silbergroschen geben, wenn er ihm bis nach Hause leuchten würde. Der Irrwisch tat ihm den Gefallen und leuchtete ihm, bis er vor der Hoftüre stand. Aber als er die Hoftüre aufgeklingt hatte, sagte er zu dem Irrwisch: „Ick wär dich wat schätzen!“ Er schlug die Tür hinter sich zu, riegelte ab, lief in sein Haus und kroch ins Bette.

Aber er konnte gar keine Ruhe finden und schmiß sich immer hin und her. Da sagte seine Frau zu ihm: “Vater, was ist denn, du kriegst ja gar keene Ruhe nich!“ Er sagte zu ihr. „Mich is so anders, ich werde gehen und mich ein paar Hosen anziehn.“ Da sagte sie: „Treck dich man die Hosen gar nich erst an, du kannst ins Hemde rausgehn.“

Der Abtritt war dicht bei der Haustüre an der Mistkante und hatte bloß eine Stange. Wie nun der alte Ast auf den Hof kam,erschrak er sich gar sehr. Denn der Irrwisch war auf den Hof gekommen und nahm ihn nun und schmiß ihn in hohen Bogen in die Jauchekute, so daß er bis an den Hals drin saß. Nun konnte er wieder nicht alleine heraus und weil auf sein Schreien keiner kam,fing er an, den Irrwisch zu bitten und anzuflehen, er möchte ihm doch nur noch einmal helfen. Er wolle gern alles Geld bezahlen und noch einen Dreier dazugeben.

Erst wollte der Irrwisch ihm nicht helfen, weil er aber so sehr quälte, tat er ihm den Gefallen. Nun lief er ins Haus, holte die zwei Silbergroschen und den Dreier und schmiß es dem Irrwisch hin. Darauf verschwand der Irrwisch. Weil er aber so gestunken hatte, als er in der Stube im Tischkasten nach dem Gelde suchte, waren die Weiber munter geworden und kamen aus dem Hause und plumpten ihn ab.

Von da ab ging der alte Ast nicht mehr bei Dunker am „wendschen Dikeken“ vorbei.

Quelle: E.H.Wusch: Sagen meiner Heimat, eine Sammlung mündlich übertragener Sagen der Lausitz