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Das Mittagsgespenst bei Falkenhain

  R. Scharnweber & O. Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau, Berlin 1933

Im Walde bei Falkenhain lebten vor vielen hundert Jahren Drügelsmänner oder Mittagsschleichen. Sie waren größer als die Lutchen und hatten ihre Wohnungen in der Erde, wie alle Heinzelmännchen. Wegen der Drügelsmänner durften um die Mittagszeit kein Mensch auf dem Felde bleiben.

Aber die Magd eines Bauern blieb doch einmal dort beim Flachswieken. Sie wollte sehen, ob ihr die Drügelsmänner zu nahe treten würden. Es dauerte auch nicht lange, so kam aus dem Walde ein Drügelsmann auf die Magd zugegangen. Er fragte die Magd, ob sie nicht wisse, daß um die Mittagszeit kein Mensch auf dem Felde arbeiten dürfe. Die Magd stellte sich aber, als ob sie überhaupt nichts davon wisse.

Zur Strafe mußte sie eine ganze Stunde vom Flachs erzählen. Als die Stunde um war, sagte der Drügelsmann: “Das war dein Glück. Wenn du nicht die ganze Stunde hättest vom Flachs erzählen können, so hätte es dich dein Leben gekostet.“ Dann verschwand der Drügelsmann im Wald.

Die Magd aber lief schnell nach Hause underzählte alles, was ihr geschehen war. Sie blieb aber ihr ganzen Leben hindurch nicht wieder um die Mittagszeit auf dem Felde.

Quelle: E.H.Wusch: Sagen meiner Heimat, eine Sammlung mündlich übertragener Sagen der Lausitz