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Der ehrliche Soldat

  Krischow

Im Heere des alten Fritz diente ein sehr armer Soldat. Der Soldat lebte sehr gut, ohne dass Jemand wusste, woher er das Geld zu dem Wohlleben habe. Einstmals traf es sich; dass der alte Fritz, welcher sich öfters in der Uniform eines gemeinen Soldaten unter seine Krieger mischte, um auf diese Weise Manches zu erfahren, was er sonst nicht würde vernommen haben, hörte, wie sich mehrere Soldaten von dem armen Teufel, welcher so gut lebte, unterhielten.

Der alte Fritz beschloss, den Soldaten aufzusuchen. Richtig fand er ihn denn auch, wie er gerade wieder prächtig frühstückte. Er trat an ihn heran und sagte: „Du frühstückst so gut und ich habe tüchtigen Hunger, gieb einem armen Teufel auch etwas.“ Der Soldat erwiderte: „Meinetwegen iss mit.“ Der alte Fritz war neugierig zu erfahren, woher der Soldat das Geld zu seinem guten Leben bekäme. Er erkundigte sich also und erfuhr, derselbe hole es sich aus der Schatzkammer des Königs.

Der Soldat lud den König ein, er solle ihn in der nächsten Nacht begleiten und sich auch Geld holen. Am Abend war der alte Fritz richtig zur Stelle. Da gebot ihm der Soldat, er solle ja nichts von dem Gelde des Königs nehmen, denn der sei auch ein armer Teufel; von dem Gelde der Halsabschneider aber könne er Schätze mitnehmen, so viel er wolle.

Als sie in der Schatzkammer waren, zeigte der Soldat dem alten Fritz das Geld, wovon er nehmen könne, verbot ihm aber, von dem Gelde des Kronprinzen etwas anzurühren und von dem Gelde des Königs erst recht nichts. „Denn,“ sprach er, „rührst Du das an, so erhältst Du von mir eine tüchtige Ohrfeige.“ Der alte Fritz fasste aber doch zu. Da erhielt er von dem Soldaten eine solche Ohrfeige, dass er hinstürzte. „Ihr schlägst aber grob“ sagte der alte Fritz. Darauf nahmen sie ihr Geld und gingen davon.

Am nächsten Tage liess der König den Soldaten zu sich rufen. Der Soldat musste ihm eingestehen, woher er das Geld habe, dass er so fein leben könne, trotzdem er ein armer Teufel sei. Dieser gestand Alles. Weil er aber nie etwas von dem Gelde des Königs genommen, auch nicht gelitten hatte, dass der alte Fritz davon nahm, so wurde ihm Alles verziehen, ja der König setzte ihm noch einen Gehalt aus. Die Ohrfeige aber, welche er dem alten Fritz gegeben, hat er von diesem wieder erhalten.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880