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Kegelschiebende Geister in der Wenzelsburg

I

  Mündlich von dem Kgl. Forstmeister Leisterer in Neuzelle. 
  Söhnel, Rundw. d. Niederls., S. 42.

Ein Bauer aus Streichwitz ging um Mitternacht den Wiesenweg entlang, der in der Nähe der Wenzelsburg vorüberführt, und traf auf Männer, die dort Kegel schoben und ihn nötigten, für sie Kegel aufzusetzen. Als es 1 Uhr schlug, hielten sie in ihrem Vergnügen plötzlich inne und gaben dem Bauer eine Kegelkugel, indem sie sagten, daß diese seiner Familie bis ins dritte Glied Glück bringen werde. Er warf sie daheim unter das Bett, und da sie die Kinder am andern Morgen wieder hervorholten, war sie zu Gold geworden. Der Bauer lebte nun im Wohlstande bis zu seinem Tode. Aber als seine Leiche am Tage des Begräbnisses nach Wellmitz gefahren werden sollte, wurden unterwegs die Ochsen vor dem Wagen wild und liefen wie rasend den Wiesenweg entlang, warfen an der Wenzelsburg den Sarg ab, so daß die Leiche herausfiel, und blieben dann stehen. Seitdem kam die Familie ihres Reichtums wegen in Verruf, und es ging rückwärts mit ihr, bis sie im dritten Gliede vollständig verarmte.

Auf der Wenzelsburg sollen im Erdboden noch Gewölbe vorhanden sein; es wird erzählt, daß dort einmal ein Ochsengespann versunken sei. Auch will man daselbst Feuer haben brennen sehen.

II

  Mündlich von Lehrer Schulz in Streichwitz, der die Sage von einem dortigen Bauer gehört hat

Bauern aus Streichwitz, die in einer Nacht auf den Wiesen bei Neuzelle Pferde hüteten, sahen nach 11 Uhr auf der Wenzelsburg Licht. Einer, ein gewisser Urban, ging nachsehen und fand Männer, die dort Kegel schoben. Er fragte, ob er mitschieben dürfe. Sie gestatteten es ihm. Als sie ihm aber die erste Kugel übergaben, schlug es auf dem Turme zu Neuzelle zwölf. Beim ersten Glockenschlage waren die Männer verschwunden, und der Bauer hatte die Kugel in der Hand. Er ging mit seiner Kugel fort und nahm sie mit nach Hause und warf sie unter das Bett. Um 2 Uhr nachts wachte er auf; da leuchtete die ganze Stube. Er stand auf und fand, daß die Kugel den hellen Schein verbreitete. Als er sie am andern Morgen unter dem Bett hervorsuchte und sie den Kindern zum Spielen geben wollte, bemerkte er, daß sie von Gold war.

Hundert Jahre hat die Familie durch drei auf einander folgende Glieder im Wohlstande gelebt; aber der vierte Besitzer ist vollständig verarmt und in einem Stalle gestorben. Da man ihn begrub und nach Wellmitz fuhr, wurden, als man die alte Poststraße Guben - Frankfurt kreuzte, die Pferde scheu und liefen nach der Wenzelsburg zu.

III

  (Mauermann), Gesch. d. Fürstl. Stifts und Klosters Neuzell, S. 151f

„Zwei bejahrte Männer, ein gewisser Gabriel Endler, der im Jahre 1769 Wiesenhirt war, und ein zweiter, Augustin Schulze mit Namen, beide in Schlaben ansässig, sagten damals aus, daß sie, als sie vor 40 bis 50 Jahren noch als Kinder das Vieh in dieser Gegend gehütet, an dem Abhange dieses Berges, welcher terassenmäßig gebildet war, ein mit Steinen versetztes, etliche Ellen hohes Loch mehrmals betrachtet, und wenn man das Ohr nahe daran gehalten, inwendig ein Sausen und ein Heulen des Windes gehört hätten.

Auch erzählten beide, daß sie eines Tages, als sie das Vieh an dieser Anhöhe weideten, den Fall erlebt hätten, daß ein Ochse von ihrer Herde die Erde durchbrochen und mit dem hintern Teile in ein viereckigtes, mit Steinen ausgemauertes Loch, das sie einer Feueresse verglichen, gefallen wäre.„

In der Wenzelsburg soll „der König Wenzel begraben sein“.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894