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Die Hussiten in Neuzelle

I

  (Mauermann), Gesch. d. Fürstl. Stifts u. Klosters Neuzell, S. 69f.

„Obschon der Landvogt Hans von Polenz alles aufbot, den Hussiten Widerstand zu leisten, so drangen diese doch im Jahre 1429 in die Niederlausitz ein, eroberten die Stadt Guben und überfielen das Kloster Neuzell gewaltsam und blutdürstig. Die sämtlichen Geistlichen, unter denen sich auch der Abt Petrus befand, wurden von den Hussiten auf das grausamste verstümmelt und ermordet, die, nachdem sie die Abtei samt der Kirche entheiligt, alles ausgeplündert und verwüstet hatten, auch die Klostergebäude und die Kirche in Brand steckten. Schon knisterte das Feuer und drohte die dürren Sparren des Kirchdaches in helle Flammen zu bringen, als es einem auf dem Kirchboden sich verborgen gehaltenen Laienbruder, Namens Koch, gelang, das zu wiederholten Malen angelegte Feuer aus nicht weit davon entfernten und mit Wasser gefüllten Gefäßen zu löschen und so das Gotteshaus vor der gänzlichen Verwüstung zu retten.

Zum dankbaren Andenken an diesen mutvollen Bruder wurde das Gut seiner Verwandten in dem benachbarten Dorfe Schlaben, aus welchem derselbe gebürtig war, von allen dem Kloster zu leistenden Diensten auf ewige Zeit befreit.

Wie die Sage der Bewohner des Dorfes Schlaben von Geschlecht zu Geschlecht überlieferte, sollen bei dem im Dorfe erbauten kleinen Kapellen die verstümmelten Leichname aufgefunden worden sein.“

II

  Mündlich von Pfarrer Jende zu Neuzelle

Dort, wo an der Kastanienallee am Klosterteiche die Gottesfigur mit der Weltkugel auf einer Säule steht, soll der Abt Petrus von den Hussiten dadurch zu Tode gemartert worden sein, daß sie ihm einen Nagel in den Schädel trieben. In der Nähe des katholischen Pfarrhauses heißt eine Stelle an der gegenüberliegenden Gartenmauer das Mönchsküppel. Hier sollen die Mönche von den Hussiten geköpft worden sein.

III

  Mündlich aus Colchen

Der Pfaffengrund und die Pfaffenschenke bei Breslack, die einsam an der alten Poststraße von Guben nach Frankfurt a. d. O. liegt, sollen diese Namen bekommen haben, weil die Pfaffen aus dem Kloster dahin geflüchtet und dort von den Hussiten erschlagen worden sind.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894