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Der wohlthätige Zwerg bei Guben

  Sauffe, Gubener Wochenblatt 1862 No. 61.

In der Gegend von Guben wohnten früher sehr viele Zwerge. Sie waren so groß wie zweijährige Kinder, konnten sich nicht nur unsichtbar machen, sondern auch in Thiere verwandeln und zeigten sich den Menschen immer nur Abends und Nachts, niemals Morgens und Mittags. Sonst werden sie grade so beschrieben wie die Zwerge anderer Gegenden. In neuerer Zeit sind sie immer seltener geworden. Von ihrer Wohlthätigkeit giebt eine noch im Jahre 1768 begegnete Geschichte Zeugniß.

Ein armer Handwerksbursche wanderte von Krossen nach Guben. Es war ein heißer Tag und seine Füße wurden bald wund und blutig in dem tiefen und scharfen Sande dieser Gegend, und als er in die Gegend der hohlen Berge kam, konnte er nicht weiter und legte sich unter Seufzen und Klagen in das grüne Gras am Abhange der Berge. Plötzlich ertönte eine feine Stimme und vor ihm stand ein kleines Männchen in rothem Rocke, das tröstete ihn mit freundlichen Worten, heilete ihm seine wunden Füße mit einer grünen Salbe und schenkte ihm zum Abschiede eine Handvoll weißer, glänzender Steine, die waren so groß wie Bohnen, und einen ledernen Beutel voll goldener Körner und verschwand.

Der Handwerksbursche kam frohen Muthes nach Guben und miethete den dortigen Schiffer Ludwig, um ihn zu Wasser nach Hamburg zu fahren, wo er später ein reicher und an gesehener Handelsherr wurde, der den Armen viele Wohlthaten erwies. Der Schiffer Ludwig hat ihn allemal besucht, wenn er nach Hamburg gekommen ist und durch ihn ist diese ganze Geschichte bekannt geworden.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862