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Die Stiftung des Klosters Marienthal

  Schneider, scrutinium P. IV. Frenzel, lexic. slav. 11. 1914. msc. 
  Schönfelder, Gesch. des Klosters S. 25. N. L. Mag. 1853, 37.

Kaiser Philipp hatte eine holde Tochter Namens Kunigunde. Die hatte der Vater dem Herzog Otto von Wittelsbach zur Gemahlin versprochen. Aber als Otto eine schwere Blutschuld auf sich geladen hatte, weigerte er ihm die Tochter, welche später Wenzel III.1) heirathete und so Königin von Böhmen wurde.

Otto aber war darüber so aufgebracht, daß er eines Tages in die alte Babenburg eindrang, wo der Kaiser Hof hielt, und ihn mit gewaltigem Schwerteshiebe erschlug, als er gerade beim Schachbrett saß. Kunigunde betrauerte lange den geliebten Vater und wendete sich seitdem dem Himmel zu in frommen Werken und Bußübungen. Da kam es ihr zu Ohre, daß am Ufer der Neiße bei Ostritz, wo der Fluß durch ein wild bewachsenes Felsenthal hinrauscht, die heilige Jungfrau Maria zu verschiedenen Malen frommen Landleuten erschienen sei und auch ein wunderthätiges Bild zurückgelassen habe und daß ringsum die Leute Wallfahrten anstellten „zur schönen Maria.„

Da beschloß sie an dieser Stelle eine Kirche zu bauen und ein Kloster zu stiften, welchen Vorsatz sie auch (im Jahre 1234) zur Ausführung brachte und das Kloster den Cisterciensernonnen übergab.

Anmerkungen: Auch dieses Kloster liegt an einem wahrscheinlich der Ostara gewidmet gewesenen altheiligen Opferorte bei Ostritz. Auch hier gehört zum Kloster ein Dorf Namens Rosenthal gerade wie beim Kloster Marienstern. (Vgl. I. No. 14, 35, 22 Anm. 2 a. II. 289.)

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862


1)
Anmerkung des Webmasters: Tatsächlich wurde 1207 die fünfjährige Kunigunde mit dem zweijährigen Wenzel I. verlobt. 1230 heiratete Kunigunde den späteren böhmischen König Wenzel I. und war bis zu ihrem Tod 1248 böhmische Königin