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Verhinderter Diebstahl am Weihnachtsabend

  Schriftliche Mitteilung von Pastor Böttcher in Nieder-Jeser

Ende der dreißiger Jahre fährt der Gärtner König aus Ögeln am heiligen Abend vor Weihnacht bei Mondenschein mit seinem Knechte in die herrschaftliche Heide, die damals einem Herrn von Lindenau gehörte, um „im Ögelner Hange“ einen starken Baum zu entwenden.

Nachdem die einzelnen Stücke des Baumes aufgeladen sind, wollen die beiden Männer abfahren, doch das Pferd kann den Wagen nicht von der Stelle bringen, er steht wie eingewurzelt, und alles Antreiben des Pferdes ist vergebens. Da laden die Männer einen Teil des Holzes ab und treiben das Pferd von neuem an; aber es vermag den Wagen noch nicht zu ziehen. Dasselbe bleibt der Fall, als sie auch nur ein Stück Holz auf dem Wagen lassen.

Kaum aber hatten sie den letzteren ganz entleert und sich hinaufgesetzt, als das Pferd in rasendem Galopp mit dem Wagen davonlief und zitternd zu Hause ankam. Der Gärtner König erklärte ausdrücklich, daß die Unmöglichkeit, den Wagen zu ziehen, nicht in Eigentümlichkeiten des Pferdes seinen Grund gehabt, sondern daß eine unsichtbare höhere Gewalt ein gewirkt habe.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894