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Die Zwerghochzeit

  Mündlich von Fräulein Therese von Lemmers-Danforth in Guben

Frau von Bünau lag während der Wochen ganz allein in der Stube. Da sprang die Thür auf und ein „ganz kleines Männchen“ kam zu der Frau ans Bett und fragte, ob sie erlauben wolle, daß es mit den Seinen hier in der Stube dürfte Hochzeit abhalten; sie würden nicht viel Spektakel machen und wenig Raum in Anspruch nehmen; sie wollten zufrieden sein, wenn sie sich bloß unter dem Ofen aufhalten könnten. Die Öfen standen nämlich früher auf geschnitzten Beinen, so daß unter jenen ein hohler Raum war.

„Ja, ja,“ sagte die Frau. Darauf zogen sie mit Musikanten, mit dem Brautpaare und den Hochzeitsgästen in die Stube und aßen, tranken und tanzten unter dem Ofen. Als sie damit zu Ende waren, kam das „kleine Männchen“ wieder zur Frau von Bünau ans Bett, bedankte sich, gab ihr drei Brötchen und sagte: „Solange die Brötchen in dieser Familie bleiben, wird es ihr gut gehen.“

Darauf haben sie die Brötchen in den großen Turm des Schlosses eingemauert, und es ist der Familie mehrere Jahrhunderte wohlgegangen. Als derselbe aber bei einer Feuersbrunst zerstört wurde, ging es ihr wieder schlechter, und das ist bis auf den heutigen Tag so geblieben.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894